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StandbildDie verkaterten Kater

„Tatort: Blüten aus Werder“, So., 20.15 Uhr, ARD

Ja, in Berlin dürfen die Männer noch Männer sein: wandelnde Schürfwunden, rußverschmierte Gesichter, hirnerschütterte Kater oder verkaterte Hirnis; todesmutige Tolpatsche, denen jeder das Macho-Gemache nachsieht, weil sie sowieso gleich gegen eine Tür laufen, eine Torte im Gesicht haben müssten und doch das Schlimmste verhindern: Freund und Helfer eben. Denn in Berlin dürfen Männer noch Polizisten sein, dürfen Dominic Raacke und Stefan Jürgens heißen und als Kripoduo Ritter/Hellmann die Sheriffs raushängen lassen. Und Frauen wie Caroline Squella können als Engel in Weiß hernach schlagfertig Leib & Seele verarzten. Jedenfalls im Berlin-„Tatort“.

In den ersten beiden neuen SFB-Krimibeträgen kurvten Ritter und Kompagnon noch mit einem ollen 123er Benz (Ex-Taxi, Bj. ’83) durch die Sehenswürdigkeiten unserer Hauptstadt. Sieben Monate und zwei „Tatorte“ später drehen sie – und das ist mehr als eine Beobachtung – schon in einem weitaus schickeren 280er SE (Cabriolet, Bj. 71) grölend ihre Runden durch die gute, alte City/West, als seien die beiden Mittdreißiger schon im zweiten Frühling oder hätten heimlich im Lotto gewonnen. Doch dann kommt den beiden ein Entführung-plus-Rache-plus-Geldfälscher-Drehbuch dazwischen, der die Mordkommissäre nur deshalb beschäftigen darf, weil anfangs irgendein integrer TV-Penner beiläufig zu Tode geprügelt wurde.

Andererseits war der zu den unterhaltsamen „Blüten aus Werder“ gehörige Plot ohnehin so unerheblich wie Nebenrölleken Dennenesch Zoudé: Die tat, was sie am besten kann – und spielte eine Farbige. Und das, obwohl ihre Rolle ganz offensicht- und eigentlich bis kurz vor Drehbeginn für eine ungefähr Zehnjährige geschrieben worden war, die „Papa“ sagt und „Papaaaa!“ und sich gar ein trendy Stockholm-Syndrömchen zuzog.

Und immerhin weiß der aufmerksame „Tatort“-Zuschauer jetzt, wie man mit dem Wirtschaftsteil seiner Tageszeitung eine Flasche Bier aufmacht. csch

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