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Altfallregelung ■ Hoffnung auf Vernunft

Abgeschoben werden können sie nicht, weil die Heimatländer sie nicht aufnehmen. Arbeiten dürfen sie nicht, weil sie keine langfristige Aufenthaltserlaubnis haben. Was also tun mit den Afghanen, Palästinensern und Angolanern, die seit Jahren ohne Perspektive und abhängig von Sozialhilfe in Berlin leben?

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) müsste bei dem Vorschlag der Grünen, langjährigen AsylbewerberInnen eine befristete Aufenthaltsbefugnis und damit auch eine Arbeitserlaubnis zu ermöglichen, eigentlich in die Hände klatschen. Schließlich würden die Ausländer dem Land nicht länger auf der Tasche liegen. Doch Werthebach stellt sich stur, versteckt sich hinter Innenminister Otto Schily (SPD). Die Altfallregelung sei „bindend“, sagt der Innensenator.

Doch anscheinend gibt es einen gewaltigen Spielraum, wie an den anderen Bundesländern zu sehen ist. In Hamburg können die AsylbewerberInnen einen 630-Mark Job vorweisen und fallen somit auch unter die Altfallregelung. Doch solche Interpretationen des Beschlusses kommen für Werthebach nicht in Frage. Würde der Ausländer einen Job bekommen, könnte er ja tatsächlich eines Tages in die deutsche Gesellschaft integriert sein. Die Jobchancen stehen dafür nicht schlecht. Viele der AsylbewerberInnen beispielsweise aus Afghanistan sind sehr gut ausgebildet.

Weil sich Werthebach aber nicht bewegt, ist es nun an der SPD, Druck auf den Koalitionspartner CDU zu auszuüben. Lange genug hat sich die SPD nicht zu ausländerpolitischen Belangen geäußert, lange genug gab es keine politischen Konzeptionen, wie die Hauptstadt mit Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus umgehen soll. Nun aber ist ein Anfang gemacht: Die SPD fordert eine erweiterte Altfallregelung und ist explizit gegen eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei Einbürgerungen. In beiden Bereichen wird es nicht einfach sein, sich durchzusetzen. Doch in Sachen „Altfallregelung“ kann man auf eine Erweiterung der Regelung hoffen. Alles andere wäre absurd. Das Land müsste jahrelang unnötige Kosten bezahlen. Und das kann Werthebach eigentlich auch nicht wollen. Julia Naumann

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