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Umweltschutz schafft Jobs

■ Knapp 500.000 Arbeitsplätze könnten in diesem Jahr geschaffen werden, wenn mehr Geld in den Umweltschutz gepumpt würde. Über zwei Millionen Jobs sind europaweit drin

„Würden die erneuerbaren Energien stärker genutzt, gebe es einen Beschäftigungsboom.“

Durch eine ökologische Modernisierung könnten kurzfristig einige tausend Arbeitsplätze geschaffen werden, meint der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Ökonomie und Ökologie müssten nur systematisch in Einklang gebracht werden, dann laufe eine regelrechte Jobmaschine an. „Der Staat muss die richtigen umweltpolitischen Rahmenbedingungen setzen, garantieren und auch konsequent kontrollieren – dann ist der Umweltschutz ein Selbstläufer auf dem Arbeitsmarkt“, meint DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer. Der quirlige Gewerkschafter spricht aus, was ÖTV, IG BAU, DGB, Hans-Böckler-Stiftung, der Deutsche Naturschutzring, der BUND, Greenpeace und selbst das renommierte Prognos-Institut schon in etlichen Studien herausgefunden haben: Bis zum Jahr 2010 könnten die Mitarbeiter deutscher Arbeitsämter bei der Vermittlung von Arbeitslosen so richtig ins Schwitzen geraten, wenn der große Wurf bei einer ökologisch-sozialen Reformstrategie gelingt. Im Klartext: Das Problem muss konsequent an der Wurzel angepackt werden.

Auf dem Bausektor beispielsweise könnten durch eine verschärfte Wärmeschutzverordnung bis Mitte des Jahres schon 80.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. „Das wäre ein deutliches Signal, eine spürbare Belebung für die Situation am Bau“, meint IG-BAU-Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel. Paradox ist, dass die Lösung zum Greifen nahe liegt. Durch umfangreiche Wärmedämmung lassen sich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. 40 Prozent des Energieverbrauchs konzentrieren sich auf Gebäude. Strom-, Öl- und Gaspreise steigen. Umwelt- und Klimaschutz könnten mit strengeren gesetzlichen Auflagen vorangebracht werden, gleichzeitig würde neue Arbeit am Bau entstehen. „Gerade die Modernisierung von Altbauten ist arbeitsintensiv, trägt also zu Beschäftigungseffekten bei“, meint Wiesehügel. Für andere Bereiche haben ÖTV und IG Metall die Jobperspektiven abgeschätzt. Eine knallharte Umsetzung der EU-Altauto- und der Elektronikschrottverordnungen brächten etwa 45.000 neue Arbeitsplätze in der Recyclingbranche. „Nur mauert da die Industrie mal wieder“, meint ein Mitarbeiter des Umweltbundesamtes. Bisher gibt es etwa 2,5 Millionen Umweltarbeitsplätze in Deutschland. Das Ende der Fahnenstange ist längst noch nicht erreicht: In einer gemeinsamen Studie von BUND und ÖTV kommen die Verbände zu dem Ergebnis, dass allein in den Bereichen Energie, Klimaschutz und ökologische Land- und Forstwirtschaft noch wesentlich mehr für die über vier Millionen Arbeitslosen getan werden kann. Allein durch eine „entschiedene Klimaschutz- und Energiesparpolitik“ könnte, so die Kernaussage der Studie „Arbeit durch Umweltschutz“, mit insgesamt 400.000 neuen Arbeitsplätzen gerechnet werden.

Besonders optimistisch ist die ÖTV mit Blick auf den Ausbau der regenerativen Energieträger. Während die Stromversorger derzeit weiter Personal abbauen, lassen sich mit Wind- und Sonnenkraft neue Stellen schaffen. Allein in der Windkraftbranche sind etwa 20.000 Jobs in den vergangenen zehn Jahren entstanden. Und das trotz aller Schwierigkeiten, die die Turbinenbauer von Seiten der großen Energieversorger überwinden mussten. „Ein regelrechter Beschäftigungsboom könnte losgetreten werden, wenn die erneuerbaren Energien noch stärker genutzt werden“, meint BUND-Mann Georg Löser. Durch rationelle Energienutzung im verarbeitenden Gewerbe, durch verbessertes Gebäudemanagement in öffentlichen Gebäuden, durch den Wachstumsmarkt Contracting bis hin zum Ausbau der Biomasse-Nutzung lassen sich mehr als 200.000 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2002 schaffen. Georg Löser: „Was wir brauchen, ist ein Bündnis für Arbeit und Umwelt.“

Mit jeder Mark, die in klimaschützende Energiesparmaßnahmen investiert wird, lassen sich unterm Strich – so die Faustregel unzähliger Studien – mehr Beschäftigte in Arbeit und Brot bringen als mit Investitionen in konventionelle oder Atomkraftwerke. Die Folgen sind bekannt: Neue Arbeitsplätze bringen mehr Einkommen – das ist Kaufkraft, die mehr Beschäftigung nach sich zieht. Die Nutzung der „heimischen“ Wind- und Solarenergie macht außerdem autark hinsichtlich der Energieimporte aus dem Ausland. Schlosser, Mechaniker und Techniker sind bestens ausgebildet, sie könnten auch von Kohle- auf Windstrom umsatteln. An ihrer Qualifikation würde die Energiewende nicht scheitern. Entweder die Gewerkschaften, vor allem ÖTV, IG Metall und IG BAU, schlagen sich eindeutig auf die Seite des ökologischen Fortschritts, oder sie verlieren in den kommenden Jahren an Einfluss und Mitgliedern. Denn klar ist auch: Der Markt und seine Manager sorgen unter dem Vorzeichen der Liberalisierung nur für satte Gewinne – auf Kosten der Umwelt und der Beschäftigten.

Michael Franken

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