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Ein Mietschuldner als Märtyrer
Horst Wessel, ein fanatischer Antisemit, der sein Jurastudium zugunsten seiner SA-Tätigkeit abgebrochen hatte, starb am 23. Februar 1930 an den Folgen eines Schusswechsels mit Angehörigen des kommunistischen Roten Frontkämpferbundes. Um Politik ging es aber nur am Rande: Auf Verlangen seiner Zimmerwirtin sollten die Kommunisten bei dem 23-jährigen Führer des SA-Sturmes 5 in Berlin-Friedrichshain die ausstehende Miete in Höhe von 13 Mark eintreiben. Die Beerdigung auf dem Nikolai-Friedhof artete zur Straßenschlacht zwischen Nazis und Kommunisten aus, der spätere Reichsmarschall Hermann Göring warf Wessel seine SA-Mütze mit in die Grube. Sally Epstein, der am Abend des Schusswechsels Schmiere gestanden hatte, wurde als erster Jude am 10. April 1934 von den Nazis zum Tode verurteilt. Das SA-Lied „Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen“, dessen Text Wessel verfasst hatte, erklärten die Nazis zur zweiten Nationalhymne. Die Antifaschisten veränderten den Text mehrfach, so auch Brecht in seinem Kälbermarsch von 1943: „Der Metzger ruft. Die Augen fest geschlossen / Das Kalb marschiert mit ruhig festem Tritt“. taz
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