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Albern wie im Reisebüro

■ Ein Ex-Monty-Python geht auf „Hemingways Reisen“. Leider ohne Untertitel. Und außerdem auch ohne Inspiration (19 Uhr, Arte)

„Das erstaunliche Ding ist, dass es schmerzlos ist,“ sagte er. „Das ist, wodurch du weißt, wenn es startet.“ Ungefähr mit diesen Worten würde Ernest Hemingways Erzählung „The Snows of Kilimanjaro“ (1938) beginnen, wenn die Aurelia Film den Melancholiker übersetzt hätte.

Zum Glück aber hat Aurelia nur die „deutsche Bearbeitung“ der vierteiligen BBC-Dokumentation „Hemingways Reisen“ übernommen. Und wenn man Hemingway von vornherein für einen versoffenen Stierkampfliebhaber und Oberchauvi hielte oder „Hemingways Reisen“ für öden Literatourismus, dann wäre der missratene Sprachtransfer, der sogar jedes dahergelaufene you als du synchronisiert, lässlich. Wir kennen das.

Aber es ist dann doch Monty-Python-Mitgründer Michael Palin, der dem Lebensweg Hemingways hinterherdackelt. Vor 12 Jahren schon war Palin einmal mit einem Kamerateam „In 80 Tagen um die Welt“ gereist, später dann „Von Pol zu Pol“ bzw. „Rund um den Pazifik“. Und jetzt ist eben, mittwochs auf Arte, Hemingway dran. Denn der ist nicht nur bekannt (und missverstanden!), sondern auch rumgekommen: Chicago, Kenia, Ägypten, Havanna, Paris...

Doch zunächst führen uns „Hemingways Reisen“ nur mitten in den Fremdenverkehr von Pamplona (die Stadt mit dem Stierlauf und den Touristen) und Valencia (die Stadt mit den Karnevalsfiguren, dem Feuerwerk und den Touristen). Dort steht Mr. Palin dann überraschend einfallslos, ja ein wenig ältlich auf Balkonen, überblickt Menschenmassen, geht mal von rechts nach links und mal von links nach rechts durchs Bild. Oder ins Kino, wo Hemingways peinliches Bürgerkriegspropagandafilmchen gezeigt wird usw. Oder er plaudert mit einer Horde trunkener Australier, was (wenn man sich nur einen einzigen Sprecher ins Nachsynchronstudio geholt hat) ungefähr so klingt: „Was werdet ihr morgen tun, am Stierlauf teilnehmen. Jaa! Ja? Wir wollen den Frauen unsere Männlichkeit beweisen, was wollt ihr beweisen, den Frauen unsere Männlichkeit, wirklich, das habt ihr doch nicht nötig, das denken Sie!“

Und nachdem Palin hin und wieder unnachahmlich die Brauen hochgezogen hat, sagt er Sätze („Ich verstehe jetzt besser, was Hemingway zum Stierkampf zog. Im Angesicht des Todes spürte er das Leben am intensivsten. Für mich ist der Stierkampf eine Sache der Spanier. Ich werde ihn nie so erleben, wie sie es tun. Und das allein fasziniert mich.“), die auch im britischen Original nicht feinsinnig geklungen haben können.

Doch dann heißt es auch schon: „Hemingways Leidenschaft für den Stier ist nur noch mit seiner Leidenschaft für die Jagd vergleichbar.“ Und für den Rest der ersten Folge sieht man Herrn Palin rund um den Schnee auf dem Kilimandscharo laufen, Elefanten angucken, einen Geparden, eine rituelle Beschneidung – und was man sonst noch so im Reisebüro kostspielig als Fotosafari buchen bzw. weder albern noch ironisch finden kann. Nicht einmal lehrreich. Palin übrigens heißt auf Deutsch Feuerstein. Nicht im Langenscheidt, sondern im WDR. Vorname: Herbert. Die Idee zu „Feuersteins Reisen“, die ab und zu durchs Dritte touren, ist gnadenlos vom Briten abgeschaut. Und toll.

Echte Monty-Palin-Fans indes werden den Feuerstein ihrerseits womöglich bloß albern und lehrreich finden – und den originalen Traveller originell. Wie aber lautete noch dieser Reiseführeraphorismus? Ach ja: „Ich werde ihn nie so erleben, wie sie es tun. Und das allein fasziniert nich’ “, oder? csch

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