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StandbildPickel beim Shoppen

„Spiegel TV-Themenabend: Das erste Mal“, Fr., 21.55 Uhr

Das sind so Fragen: „Wie steht es wirklich um die Befindlichkeit unserer Teenager? Wer sind ihre Vorbilder?“

Im Studio saßen dann minderjährige Popstars wie Junia, die man wohl aus den Charts kennen müsste. Eine deutsche Britney Spears, die 15 ist, wie 25 aussieht und Sex bisher immer „abbiegen“ konnte. Applaus vom Publikum, einer mündigen Mittelklassejugend in beschrifteten Klamotten. „Unsere“ Teenager. Es wurde viel darüber geredet, ja, tausendfach Gesagtes gar zum tausendundersten Mal gesagt – ist ja auch ein Thema von märchenhafter Aktualität.

Anna (14) trug mit elf Jahren schon BH, „um keine Hängebrüste zu kriegen wie die Frauen in Afrika“. Jungs kolportierten mit Beklemmung, wie sie erstmals morgens mit nasser Hose aufwachten („Meine Freunde verstehen mich viel besser als meine Eltern“). Wir erfahren, dass Mädchen stundenlang telefonieren, bis die Stimme bricht, und dass „beim Shoppen mit Sorgfalt ausgesucht werden muss, was zu welcher sich entwickelnden Figur passt“. Überhaupt wurde das „Shoppen“ verständnisvoll als integraler Bestandteil der Pubertät vorgestellt, als wäre neben der üblichen Gier auch die Konsumgeilheit eine Frage der Keimdrüsen. Das geballt Affirmative dieser Veranstaltung setzte sich in den Werbeblöcken fort: Zwischen Spots für Investmentfonds und Weinbrände wurden ein „Milch-Dessert im Handy-Format“ und andere Süßspeisen angepriesen: „Fruchtzwerge – leg los, werd groß.“

Ein Gros des Themenabends aber wurde mit einem Beitrag der BBC bestritten, der die biologische Seite des Desasters erläutern sollte. Der Reifungsprozess wurde mit einem sich entpuppenden Schmetterling illustriert, die „Achterbahnfahrt“ der Gefühle mit einer Achterbahnfahrt. Endlich fuhr die Kamera durch pochende Adern hinein in Hoden und Eierstöcke, dort, wo im hydraulischen Schwammgewebe die Hormone ihr Unwesen treiben. Aber das war auch keine Antwort. Arno Frank

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