: Zwei Fronten gegen Wrocklage
Streit über Abschiebungen: Fraktionsspitzen von SPD und GAL tagten mit dem Innensenator hinter verschlossenen Türen ■ Von Elke Spanner
Hartmuth Wrocklage (SPD) wird sich erklären müssen. Gleich von zwei Seiten wird die Flüchtlingspolitik des Innensenators derzeit an den Pranger gestellt – und am Mittwoch durch zwei Anträge zum Thema in der Bürgerschaft erhoben: vom Regierungspartner GAL einerseits, der oppositionellen Regenbogen-Gruppe andererseits.
Während die Regenbogen-Abgeordnete Susanne Uhl gestern öffentlich im Rathaus ihren Antrag auf „sofortige und vollständige Rücknahme der Verschärfungen in der Abschiebepraxis“ der vergangenen Monate präsentierte, trafen sich hinter verschlossenen Türen die Fraktionsspitzen von SPD und GAL mit Wrocklage zum Gespräch. Offenbar ohne konkretes Ergebnis: Anschließend deutete die stellvertretende Fraktionschefin der GAL, Christa Goetsch, nur an, ihre Fraktion werde eventuell per Bürgerschaftsantrag eine Erklärung von Wrocklage darüber erzwingen, „wie er unsere politische Verständigung über Flüchtlingspolitik endlich in konkretes Verwaltungshandeln umsetzen wird“.
Die „politische Verständigung“ datiert von vorigem Juli. Nachdem die Innenbehörde im April in einem vertraulichen Papier Maßnahmen zur Steigerung der Abschiebezahlen erarbeitet und im Laufe des Sommers schrittweise umgesetzt hatte, trafen sich SPD und GAL am 9. Juli zur Marathonsitzung. Heraus kam ein Papier, in dem Leitlinien zur Abschiebepolitik festgelegt wurden.
Dennoch ließ die Ausländerbehörde in den vergangenen Monaten kranke Flüchtlinge außer Landes bringen, trennte Familien und holte diese frühmorgens zur Abschiebung aus dem Bett. Die Regenbogen-Abgeordnete Uhl kritisiert, das geschehe nicht trotz, sondern aufgrund der „politischen Verständigung“: Die lasse der Innenbehörde Hintertürchen für ihr rigides Vorgehen offen. Die GAL hingegen sieht das Manko darin, dass die Vereinbarung nicht „in konkretes Verwaltungshandeln umgesetzt wurde“, so Goetsch.
Wie das zu organisieren ist, war Thema des gestrigen Treffens der Fraktionsspitzen mit Innensenator Wrocklage. Dort sei man in die Frage „erst mal wieder eingestiegen“, so Goetsch. Trotz des Gespräches bedarf es offenbar noch eines Bürgerschaftsantrages, um Wrocklage zu konkreten Schritten zu veranlassen. Die Stimmung bei dem Treffen sei „schwierig“ gewesen. Von der SPD war gestern keine Einschätzung zu bekommen. Die am Gespräch beteiligten Fraktionschefs Holger Christier und Walter Zuckerer konferierten den ganzen Nachmittag mit ihrer Fraktion. Innenbehördensprecher Christoph Holstein äußerte sich nur zur Kritik vom Regenbogen: Die Zahl der Abschiebungen sei im Vorjahr nicht gestiegen, weswegen nicht von Verschärfungen die Rede sein könne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen