: Endspurt vorm Super-Tuesday
Die nächsten US-Vorwahlen zeigen, ob McCain seinen Gegner Bush entthront. Demokrat Bradley ist abgemeldet ■ Aus Washington Peter Tautfest
Der Ausgang des Mini-Tuesday wirft seine Schatten voraus auf den Super-Tuesday: In Amerikas politischem Kalender markiert zurzeit jeweils der Dienstag die großen Ereignisse. Am Dienstag dieser Woche gewannen bei republikanischen Vorwahlen in den Bundesstaaten Virginia, Washington und North Dakota George Bush vor John McCain, und bei demokratischen Vorwahlen in Washington gewann Al Gore vor Bill Bradley.
Damit klären sich die Fronten für die beiden Endausscheidungen: dem Super Tuesday I am kommenden Dienstag, bei dem in 13 Bundesstaaten gewählt wird – darunter in den Bevölkerungshochburgen New York, Kalifornien und Ohio, sowie dem Super Tuesday II in 14 Tagen, bei dem u. a. in den bevölkerungsreichen Staaten Florida und Texas gewählt wird. Beide Super Tuesdays laufen auf eine nationale Vorwahl hinaus. Nach dem 14. März dürfte bis zum Sommer erst mal Ruhe in Amerikas Wahlkampf eintreten.
George Bush gewann in Virginia mit einem Vorsprung von 11 Prozent vor seinem Herausforderer John McCain und in Washington gar mit 20 Prozent Vorsprung. Auf demokratischer Seite unterlag Bradley dem Vizepräsidenten Al Gore klar mit 30 Prozent. Damit scheint Bradley kaum noch Aussichten zu haben, in einem einzigen der Staaten zu gewinnen. Schon gibt es Gerüchte um seinen Ausstieg aus dem Rennen.
Das Schauspiel eines Don Quichote, der als herausfordernder Außenseiter gegen die Windmühlen des Establishments reitet, wird zurzeit eher im republikanischen Polittheater gegeben. Bisher war es jedenfalls spannend, denn auf jeden Sieg folgte eine Niederlage. Bush hat jetzt schon einen klaren Vorsprung bei der Zahl der Delegierten, die auf dem Parteitag der Republikaner in Philadelphia Ende Juli den Präsidentschaftskandidaten nominieren.
Am kommenden Dienstag dürfte es spannend werden. Da entscheidet sich, ob McCain den Favoriten vom Sockel stoßen kann. Dabei findet ein unglaublicher Wettstreit statt, in dem es um Fragen wie Religion geht.
Zeitweilig kann man den Eindruck bekommen, als baue McCain jetzt nicht nur auf Demokraten und Unabhängige in den nördlichen Bundesstaaten, sondern auch noch auf die Katholiken. Bush findet Unterstützung vor allem in den traditionellen Hochburgen der Republikaner, bei fundamentalistischen und konservativen Protestanten im Süden.
Zum Religionskrieg unter den Republikanern war es nach dem Sieg Bushs in South Carolina gekommen, denn gewonnen hatte er da mit Hilfe der „Christian Coalition“ und der religiösen Rechten – um den Preis, moderate Christen sowie Katholiken vor den Kopf gestoßen zu haben. McCain suchte den Argwohn vor religiösem Eiferertum bei den Republikanern auszunutzen und griff in der Hochburg der christlichen Rechten in Virginia deren Protagonisten Jerry Falwell und Pat Robertson an.
In Virginia nützte ihm das nichts, aber in Kalifornien und New York, so beteuert die Kampagne, werde ihm das Eintreten gegen bigottes Eiferertum einen Vorsprung vor Bush geben, der angetreten war, die Republikaner aus ihrer rechten Ecke zu führen.
Der Glaubensstreit ist nur die neuste Variante völlig unterschiedlicher Strategien. Bush will die Parteibasis mobilisieren und bedient sich dazu des Partei-Establishments in den jeweiligen Staaten. McCain geht davon aus, dass die Republikaner die letzten beiden Präsidentenwahlen verloren haben, weil sie sich nicht zur Mitte zu öffnen verstanden, und will eine neue Koalition schmieden. Er appelliert in einem Lande, wo Parteiloyalität nicht viel bedeutet, an Parteilose und Demokraten. Sein Problem ist, dass er so versucht, republikanische Vorwahlen zu gewinnen, bei denen nur Republikaner wählen können.
Zwar fanden bisher die Vorwahlen in Staaten mit offenen Primaries statt, bei denen auch Parteilose und Demokraten auf republikanischer Seite abstimmen durften, die kommenden Vorwahlen sind geschlossen. Da zeigt sich, ob McCains Appell Resonanz findet.
McCain ist ein streng konservativer Senator, der weder den Zugang zu Waffen beschränken will noch für das Recht der Frauen auf Abtreibung eintritt. Seine Wirkung bezieht er nur aus seinem Feldzug gegen die Sonderinteressen in Washington, die mit ihrem Geld den Ausgang des legislativen Prozesses stärker bestimmen als die Wähler. McCain trifft einen populistischen Nerv. Ob der Vorwahlkampf das geeignete Feld für eine solche Kampagne ist, wird der kommende Dienstag zeigen.
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