Kommentar: Häuser für das Volk
■ Warum populistisches Muskelspiel die Stadt sinnlos viel Geld kostet
Wenn eine Behörde sich verrechnet, steckt dahinter manchmal eine gute Nachricht: Dass es in Hamburg gar nicht so viele Jugendliche gibt, die rund um die Uhr betreut werden müssen, wie die Jugendbehörde gedacht hat, ist doch eigentlich etwas Positives. Weniger gut ist allerdings, dass die Wohnungen und ihre Betreuer trotzdem Geld kosten, das der Jugendhilfe gleichzeitig an anderer Stelle fehlt.
Auf der einen Seite gibt es Ambulante Hilfen zur Erziehung seit Monaten nur noch in absoluten Ausnahmefällen, manche Familie muss sie sich vor Gericht erstreiten. Es gibt immer weniger Geld für Jugendzentren und andere Formen präventiver Jugendarbeit. Und auf der anderen Seite fliegt eine Million Mark ins Nichts. Warum? Weil die Behörde meinte, auf die bürgerliche Meute reagieren zu müssen, die 1998 nach dem Mord an einem Kioskbesitzer geschlossene Heime wollte. Dieser hysterischen Forderung hat sie sich widersetzt – allerdings nur halbherzig. Die geschaffenen Jugendwohnungen als Kompromiss.
Gegen eine spezielle Einrichtung für die Schwierigsten aller Schwierigen waren schon damals viele Politiker im den Jugendhilfeausschüssen der Bezirke. Auch Vertreter von SPD und GAL. Aber die waren nicht gefragt. Gefragt war ein Signal. Um der aufgebrachten und aufgehetzten Öffentlichkeit etwas vorzeigen zu können. Seht her, wir tun doch was.
Das populistische Muskelspiel hat den anderen Jugendlichen viel Geld genommen. Spätestens jetzt sollten sie wieder wichtiger werden.
Sandra Wilsdorf
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