Die Stimme der Kritik: Betr.: Große Spendenabschiedstourneee
Wie unter Männern seit altersher üblich
Das System schlägt zurück. Der durchgedrehte Altkanzler dreht auf. Helmut Kohl will es noch einmal wissen. Wochenlang hatte sich der schwarze Riese zurückgezogen, trainiert, in endlosen Gesprächen mit seinen „Paladinen und Schleimlingen“ geprobt. Die ersten Sparringspartner hatte er vor einem Monat noch im Fernsehen als Beilage zum Saumagen verspeist. Sie hatten etwas fad geschmeckt. Comeback also. Sein letzter Versuch. Große Spendenabschiedstourneee. „Ich kann es immer noch.“ Immer wieder sagte er sich: „Ich kann es immer noch.“ Morgens, wenn er seinem Spiegelbild aufmunternd zuzwinkerte, später dann, wenn er im Fahrstuhl des Plenargebiets auch mal grimmig schaute, abends dann bei Hannelore, die schon ein bisschen Angst kriegte. Sechs Millionen wollte er zusammenkriegen; sechs Millionen sollten es sein. Sechs Millionen sollte Axel Schulz für einen Kampf gegen Tyson kriegen; sechs Millionen ist die Standardforderung jedes menschenräuberischen Erpressers. Angela Merkel, die blöde Protestantin, meckerte zwar, sie wolle nur „normale Spenden“, doch er wollte sie hart. Bedingungslos. Ehrlich, direkt, wie es unter Männern seit altersher üblich ist, und ohne kleinliche Tabus.
„Atze“ Brauner machte mit – wegen der „unmenschlichen und unwürdigen Hetzjagd“ auf das dicke Systemspielzeug – und lächelte danach verliebt in der Bild-Zeitung, auch Helmut Maucher, der Nestlé-Präsident, der Mann, den weder „Bärenmarke“ noch „After Eight“ schrecken, ließ sich vom Vorbild aller Teletubbies nicht lange bitten. Wie viel sie gaben – was soll’s, Hauptsache Seite 1 in der Bild. Hauptsache „mit einem guten“, „mit einem sehr guten“ Ergebnis. Lang lächelte der Fleischberg. Ex-BürgerrechtlerIn Vera Lengsfeld (CDU) war „total gerührt“. Dass auch sie nahe am Wasser gebaut ist, ist ja bekannt. Übrigens und aufgepasst und mitgemacht: Noch fünf Tage verwirren Sexstrahlen aus dem All unsere Sinne. „Besonders sensibel reagieren Frauen. Sie sind dann sehr leicht erregbar.“ (Heinz Kaminski/Sternwarte Bochum) DETLEF KUHLBRODT
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
