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Mietenspiegel in der Praxis Von Dirk Dohr

Mitte November vorigen Jahres erschien der neue Hamburger Mietenspiegel, der die ortsüblichen Mieten mit Stand 1.4.1999 festlegte. Nunmehr haben viele VermieterInnen ihre Mieterhöhungsverlangen gestellt, so dass die betroffenen MieterInnen jetzt prüfen müssen, ob das Erhöhungsverlangen gerechtfertigt ist. Das Amtsgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 2. März 1999 (Az.: 48 C 549/98) wesentliche Aspekte, die den Nettokaltmietzins einer Altbauwohnung in normaler Wohnlage bestimmen, ausführlich besprochen.

Wichtig ist, dass nicht nur die Wohnung selbst preisbestimmend ist, sondern auch die Lage des Hauses und die Beschaffenheit des Hauses selbst. Bei Prüfung der Lage wurde beispielsweise wohnwerterhöhend berücksichtigt, dass in der Straße viele Bäume stehen, dass ein kleiner Park in der Nähe ist, dass Einkaufsmöglichkeiten in der nahe gelegenen Osterstraße gut zu erreichen sind und dass ausreichend KFZ-Parkraum zur Verfügung steht. Die Beschaffenheit des Mietobjektes wurde ebenfalls als überdurchschnittlich gewertet, da das Gebäude, dessen Fassade z.T. mit Stuck verziert ist, sich in einem guten Erhaltungszustand befindet.

Der Schnitt der Wohnung selbst wurde als durchschnittlich charakterisiert. Der Flur war zwar verwinkelt, demgegenüber wurde als Vorteil die Trennung von Bad und WC gewertet. Letztendlich führte jedoch die unterdurchschnittliche Ausstattung der Wohnung dazu, dass die von dem Gericht festgelegte Nettokaltmiete deutlich unter dem Mittelwert lag. Wertmindernd wurde z.B. berücksichtigt, dass die Küche vom Vermieter nur mit einem Spülstein ausgestattet war, dass sowohl in der Küche als auch an dem kleinen Waschbecken im WC nur ein Kaltwasseranschluss zur Verfügung standen und dass in dem Hause noch alte Bleileitungen verlegt waren. Ein ganz wichtiger Punkt für diese unterdurchschnittliche Einstufung dürfte jedoch die Tatsache gewesen sein, dass die meisten Zimmer lediglich mit einfachverglasten Fenstern ausgestattet waren. Hier stellte das Gericht fest, dass selbst bei Altbauwohnungen isolierverglaste Fenster zur Standardausstattung gehören.

Es zeigt sich, dass bei der Beurteilung der für eine Wohnung angemessenen ortsüblichen Miete eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen ist, so dass vor Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen immer ein Gang in die MieterInnenberatung lohnt. Die wesentlichen Entscheidungsgründe des Urteils können in den nächsten zehn Tagen auch über Faxabruf unter der Nummer 431 49 444 bezogen werden.

Hinweis:

Dirk Dohr ist Jurist bei Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg, Telefon 431 39 40

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