: Schicke Accessoires und fröhliche Menschen
■ Neuer Trend: Handschellen vereinfachen das Tagesgeschäft und fördern die Corporate-Identity
Auch BeamtInnen, die ihre Tage mit dem Vollzug dröger Gesetze verbringen müssen, können echte Spaßvögel sein. Sogar in der Ausländerbehörde, in der es eigentlich nicht viel zu lachen gibt, sorgen MitarbeiterInnen für gute Laune – hinter den Kulissen und für ihresgleichen. Um die KollegInnen nicht permanent zum Gebrauch stimmungstötender Begriffe wie „Festnahme“ und „Abschiebung“ zu zwingen, werden diese in behördeninternen Protokollen durch lustige Symbole dargestellt, die nur angekreuzt werden müssen. Flüchtlinge, die ihre Ausreise aus Deutschland zugesagt haben, bekommen nach ihrer Anhörung ein Kreuzchen auf einem breit grinsenden Smiley-Gesicht. Wer hingegen verweigert, sich um Ausreisepapiere zu bemühen, wird in „A-Haft“ genommen – dargestellt durch klirrende Handschellen.
Diese Protokolle finden Verwendung bei den Sammelanhörungen, bei denen Botschafter anderer Länder in der Ausländerbehörde residieren und sich Flüchtlinge vorführen lassen, um deren Herkunft zu klären. Da für die einzelnen Tage so viele Menschen vorgeladen werden, dass etliche ohnehin nicht mehr drankommen und vergeblich Stunden im Wartesaal gesessen haben, macht sich die Ausländerbehörde nicht die zeitraubende Mühe eines Berichtes. Während der Botschafter sein Interview führt, machen beisitzende MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde ihre Kreuzchen auf dem Protokoll. Landet das bei der „A-Haft“, werden den Flüchtlingen noch im Büro die angekreuzten Handschellen angelegt. Ganz ohne Worte.
Vielleicht kann man den Vorgang sogar noch weiter rationalisieren. Indem man die Handschellen nicht nur auf dem internen Papier, sondern zur Abschreckung offen zur Schau trägt – das lockende Grinsen des Smiley sieht dann gleich noch viel symphatischer aus. Dafür könnte die Ausländerbehörde sich an die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wenden. Die Bundesgrenzschutz-BeamtInnen auf dem Flughafen sowie etliche dort Angestellte haben das bereits getan. Sie tragen nun Krawattennadeln der GdP am Revers – mit Handschellen verziert. Uniformen und Abzeichen fördern bekanntlich das Gemeinschaftsgefühl, und zusammen macht Abschieben einfach noch mehr Spaß. Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen