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Reimänner ohne Reimann

■ Zweitligist FC St. Pauli hat sich gestern von seinem Trainer verabschiedet

Kein Journalist kann jetzt mehr von „den Reimännern“ schreiben, wenn er über den FC St. Pauli berichtet. Seit gestern ist die Arbeitszeit von Willi Reimann als Trainer des Fußball-Zweitligisten beendet. Der Verein und Reimann haben sich getrennt, von „Einvernehmen“ war am späten Nachmittag die Rede. Nach den Leistungen des Teams in den vergangenen Wochen herrschte im Verein gestern nach der Entscheidung eher Erleichterung.

Offiziell begründete Reimann seinen Schritt damit, dass er sich nicht in der Lage sehe, mit dem geplanten Sparkonzept des Clubs die Arbeit zu leisten, die er sich vorstelle. Doch bereits seit Wochen war dem Übungsleiter wachsende Lustlosigkeit nachgesagt worden. „Der bereitete seit längerem den Absprung vor“, heißt es aus dem Umfeld. Viele merkten, dass der Coach nicht mehr mit Herz und Seele am Los des Vereins Anteil nahm – so dass das Präsidium ges-tern auch nicht mehr großartig versuchte, den amtsmüden Trainer umzustimmen. „Der Wechsel war absehbar“, kommentiert Holger Scharf von der Arbeitsgemeinschaft interessierter Mitglieder.

Reimann hatte den Posten am 1. Februar 1999 angetreten und war zunächst als großer Heilsbringer begrüßt worden. Die Realität des FC St. Pauli heute: 14. Tabellenplatz, teilweise abgrundtief schlechte Leistungen vor allem am Millerntor und akute Abstiegsgefahr. Besonders jüngere Spieler fühlten sich von Reimann zudem links liegen gelassen.

Eine Krisensitzung zwischen der Mannschaft und Präsident Heinz Weisener fand gestern bereits ohne Reimann statt. Für Scharf ist der Abgang des Trainers „auch eine Niederlage des Präsidenten“, der sich stets für Reimann stark gemacht habe. Weisener selbst sagte gestern über den Gegangenen: „Ich habe ihn immer geschätzt, und werde ihn auch weiter schätzen.“

Am Freitag gegen Waldhof Mannheim wird erst einmal Notnagel Dietmar Demuth als Reimanns Ex-Assistent das Team betreuen. Doch im Verein kann sich kaum jemand vorstellen, dass das zur Dauerlösung wird. Hoch gehandelt wird als Nachfolger Franz Gerber, früherer Pauli-Spieler und zuletzt Trainer und Manager bei Hannover 96.

Peter Ahrens

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