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Reich sein im Westen, arm werden im Osten

Diskussion: Der Verkauf der Wohnungsbaugesellschaften GSW und Gesobag ist „stadtunverträglich“. Verkäufe forcieren soziale Entmischungvon ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Kritik galt einem nicht Anwesenden. Was da der „Genosse“ Peter Strieder mit dem Verkauf ganzer Wohnungbaugesellschaften vorhat, regte sich IG-BAU-Chef Klaus Pankau auf, ist schlichtweg „nicht mehr sozialdemokratisch“. Und schlimmer noch. Das Gerede des Bausenators von der „sozialen Stadt“, so ein SPD-Mitglied, werde durch dessen Politik geradezu „konterkariert“. Wohnungsverkäufe im groß angelegten Stil und Haushaltssanierung auf dem Rücken der Mieter hätten mit den Traditionen der SPD nichts mehr zu tun. Punktum. Es hätte der Debatte um die geplanten „Verkäufe der Wohnungsbaugesellschaften GSW und Gesobag“ sicher gutgetan, wenn der Bausenator am Dienstagabend zur Diskussionsrunde ins Abgeordnetenhaus gekommen wäre. So blieb man „unter sich“ – linke SPDler wie Hans-Georg Lorenz, der eingeladen hatte, Mietervereinschef Hartmann Vetter oder Christa Fluhr vom Verband Berliner Wohnungsunternehmen.

Was Strieder sich hätte anhören müssen, war wenig schmeichelhaft: Fast genauso wie der Verkauf von 72.000 Wohnungen der GSW und 30.000 der Gesobag, die den Bestand an gemeinnützigen Wohnungen auf 240.000 drücken würden (1989 waren es noch 501.000 Wohnungen), „werden die sozialen Folgen für die Stadt ins Gewicht fallen“, sagte Fluhr. Die zum Verkauf vorgesehenen Wohnungen, rechnete Fluhr vor, lägen zum Großteil im Westteil der Stadt. „Dies bedeutet, das Land veräußert seine guten Wohnungen, die zweitklassigen – in Ostberlin – behält es.“ Zugleich sei absehbar, so Fluhr, dass die soziale Mischung in den westlichen, meist sanierten Wohnsiedlungen aufgelöst werde. Die Immobiliengesellschaften verkauften die Wohnungen an Begüterte. Weniger finanzkräftige Mieter würden verdrängt und in den Ostquartieren konzentriert. „Die 190.000 Plattenbauwohungen werden so zum Auffangbecken für die sozial Schwachen. Ist das stadtverträglich?“

Ist es nicht, meinte Hartmut Häußermann, Stadtsoziologe an der Humbodt-Uni. Gehe das Land diesen Pfad der Konzentration von Sozialmietern im Osten weiter, werde erneut eine Grenzlinie Berlin durchziehen. Häußermann: „Nach der Teilung der Stadt wird Berlin eine sozial gespaltene Stadt.“ Das Bemühen um die „soziale Stadt“, ergänzte Vetter, werde so ad absurdum geführt. Statt ein vielfältiges Angebot an gemeinnützigen Wohnungen für eine vielschichtige Mieterstruktur zu erhalten, würden durch Verkäufe „Problemquartiere“ geschaffen. Zudem sei abzusehen, dass der Senat erneut sein „Tafelsilber“ verschleudere. Die geschätzten 1,8 Milliarden Mark entsprächen nur etwa einem Viertel des Wiederverkaufswerts, den private Investoren später einfordern würden.

Hinweis:

Nach der Teilung der Stadt wird Berlin eine sozial gespaltene Stadt. Die Konzentration von Sozialmietern in den Plattenbauten bedeutet die Schaffungvon neuen städtischen Problemquartieren.

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