: Hundert Tage Untauglichkeit
Die große Koalition erhält von der Opposition für ihre bisherige Leistung die Note „mangelhaft“: Untätigkeit, leere Versprechungen, geschwänzte Termine und ein verwaistes Justizressort
von DIRK HEMPEL
Mit nur vier Worten fassen Bündnis 90/Die Grünen die ersten 100 Tage der neu aufgelegten großen Koalition zusammen: „Diese Politik taugt nichts.“
Der Senat aus CDU und SPD falle zu Beginn seiner dritten Amtszeit zwar weniger als bisher durch Streitigkeiten auf, sagte Grünen-Fraktionschef Wolfgang Wieland gestern. Das aber liege an fehlenden Inhalten. Die Koalition habe bisher keines der versprochenen Ziele umgesetzt. So würden Konflikte zwischen den Regierungsparteien heruntergespielt. Wieland: „Aber die werden noch aufbrechen.“
Die Grünen-Vorsitzende Renate Künast rechnet daher mit einem Bruch der Koalition noch vor dem Ende der fünfjährigen Legislaturperiode. Die SPD könne die derzeitige „Dominanz der CDU“ bei den Entscheidungen des am 9. Dezember vereidigten Senats nicht mehr lange mittragen. Sonst hätten die Sozialdemokraten bei den nächsten Wahlen keine Chance.
Als Negativbeispiel nannte Wieland gestern den SPD-Mann Klaus Böger. Der Senator für Schule, Jugend und Sport sei zwar „endlich ein energischer Schulsenator, der das Parteiprogramm konsequent umsetzt – allerdings das der CDU“. Der fehlende Justizsenator mache sich „schlimmer bemerkbar als befürchtet“: Unter der Zuständigkeit des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) sei das Ressort „verwaist“, so Wieland weiter. Nur der geplante Sparkurs von Finanzsenator Peter Kurth (CDU) sei ein Schritt in die richtige Richtung.
Davon abgesehen aber hat die Regierung der Hauptstadt, die am kommenden Samstag 100 Tage im Amt ist, nach Aufassung der Grünen vor allem durch Untätigkeit geglänzt: Diepgen habe wichtige Termine wie die symbolische Grundsteinlegung für das Holocaust-Mahnmal oder die Protestkundgebung gegen den Nazi-Aufmarsch am Brandenburger Tor „aus politischen Gründen geschwänzt“.
In der Koalitionsvereinbarung gesteckte Ziele – wie die Einführung von Arbeitslosen- oder Semesterticket oder die Einführung eines Beauftragten für die zukunftsträchtige Medienbranche – ließen auf sich warten. Dagegen seien Diskussionen, die mit dem Koalitionsvertrag vom Tisch schienen, von der CDU wieder angestoßen worden: um die kostspielige Kanzlerbahn beispielsweise oder die von der CDU geforderte Videoüberwachung.
Und wo die Koalition doch etwas getan habe, „kann es nicht positiv bewertet werden“. Die Gesamtnote für die bisherige Arbeit der großen Koalition von Künast und Wieland deshalb: „mangelhaft“.
Die gleiche Note erhielt die Koalition gestern auch von den PDS-Fraktionsvorsitzenden Carola Freundl und Harald Wolf. Der Senat habe bei allen entscheidenen Themen „die Weiche in die falsche Richtung gestellt“.
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