: Luftnummer wird zum Angstflug
Bei seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss zur Düsseldorfer Flugaffäre wird deutlich, dass Ministerpräsident Clement die Kontrolle über die angebliche „Luftnummer“ mehr und mehr entgleitet. Acht Wochen vor der Wahl agiert er immer hilfloser
aus Düsseldorf PASCAL BEUCKER
Nur einmal verlor Wolfgang Clement kurz die Contenance. „Es ist doch lebensfremd, was Sie hier mit mir veranstalten“, schleuderte er dem christdemokratischen Abgeordneten Michael Thomas Breuer entgegen. Eine halbe Stunde lang hatte der CDU-Obmann im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Düsseldorfer Flugaffäre den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten malträtiert: „Jetzt frage ich Sie noch mal, weil Sie immer noch nicht richtig antworten.“
Und immer wieder stellte Breuer die gleiche Frage: Warum hatte die Landesregierung 1998 eine kleine Anfrage der CDU nach den Flügen mit dem Charterservice der Westdeutschen Landesbank (WestLB) nur unvollständig beantwortet? Immer lautete Clements Antwort gleich: Die Anfrage auf Grund von Veröffentlichungen in taz und Handelsblatt habe die Regierung damals halt so interpretiert, dass es nur um mögliche Interessenskollisionen gegangen sei. Deswegen seien nur die Flüge der damaligen Minister und WestLB-Verwaltungsratsmitglieder Schleußer und Clement aufgeführt, die Flüge Johannes Raus nicht erwähnt worden. „Wir haben das damals so für richtig gehalten“, sagte Clement. „Glauben Sie mir, ich habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, Sie zu belügen oder zu betrügen.“
Acht Wochen vor der Landtagswahl am 14. Mai musste Clement gestern einen schweren Gang antreten. Sein Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss war mit Spannung erwartet worden. Immer dünnhäutiger, fast cholerisch hatte der sozialdemokratische Hoffnungsträger auf die nicht abreißen wollende Diskussion über die Verquickungen zwischen Landesregierung und WestLB reagiert, die ihn schon seinen Finanzminister gekostet hat. Dass diese „Luftnummer“ für einen solchen Wirbel sorgt, hätte er „nicht für möglich gehalten“, erklärte Clement. Er ist immer noch überzeugt, dass an der Flugpraxis nichts Unlauteres gewesen sei. „Aus unserer Sicht haben wir uns nichts vorzuwerfen.“
Die von der WestLB gecharterten Privatjets seien ohnehin nur in Ausnahmefällen und wenn es keine andere Möglichkeit gegeben hätte, benutzt worden, so Clement. Für ihn mag das stimmen – er leidet unter Flugangst. Dabei sei er davon ausgegangen, „dass die Bedingungen günstiger waren als die Marktkonditionen“ und daher „für die Landesregierung ökonomisch vernünftig“. Die exorbitanten Rechnungen habe er nicht gekannt, sondern erst durch Zeitungsveröffentlichungen davon erfahren. „Hätte ich sie gekannt, wäre ich aus dem Stand explodiert.“ Allerdings musste Clement zugeben, dass es Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dienstlichen, parteipolitischen und privaten Flügen gegeben hat. Aber dies sei nicht allein ein nordrhein-westfälisches Problem. So würde etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Teufel seine Hubschrauberflüge zu CDU-Präsidiumssitzungen als Dienstreisen ansehen, die von der Landeskasse zu bezahlen seien. Hier sollte eine bundeseinheitliche Regelung gefunden werden, forderte Clement.
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