: Bewegungsmangel bei Profs und Behörde
■ Zwischenbericht zu Gutscheinsystem im Berufsschulsport kurzfristig abgesagt
Seit die Schulbehörde Lehrlingen Sport-Gutscheine statt Sport-Unterricht anbietet, kündigt sie einen Bericht über das Outsourcing an. Erste Zwischenergebnisse liegen nun vor. Doch präsentiert werden sie vorerst noch nicht: Die vier Professoren der Uni Hamburg, die an einer wissenschaftlichen Studie arbeiten, sagten ihren für Mittwoch vorbereiteten Vortrag auf dem „Hochschultag 2000“ ab.
Seit 1997 verteilt die Schulbehörde (BSJB) an BerufsschülerInnen Gutscheine, die diese beim Hamburger Sportbund (HSB) einlösen können für Kurse ihrer Wahl. Durch die Auslagerung des Faches Sport sollten die Lehrlinge weniger Zeit in der Schule und folglich mehr Zeit in ihrem Ausbildungsbetrieb verbringen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW hatte stets dagegen aufbegehrt und gefordert, die jährlich rund 2,4 Millionen Mark statt in Gutscheine in Lehrerstellen und Berufsschulunterricht zu investieren. Gespannt harrten die GewerkschafterInnen nun auf die ersten Zwischenergebnisse der mit der Begleitforschung beauftragten Uni-Professoren.
Deren Absage vorausgegangen ist ein heftiger Krach mit dem HSB und der BSJB. Der HSB ist Auftraggeber der Studie, die BSJB Fi-nancier. „Die Verwertungsrechte liegen bei uns“, erklärt Achim Meyer auf der Heyde, Leiter des Amtes für berufliche Bildung und Weiterbildung. Auch HSB-Sprecher Jan Schütte sagt, wenn die Uni Zwischenergebnisse veröffentlichen will, „muss sie zuvor zumindest mit uns Rücksprache halten“. Das hätten die Wissenschaftler nicht getan. Bislang hätten sie nicht einmal ihrem Auftraggeber die Ergebnisse mitgeteilt, die sie nun einem öffentlichen Publikum vorstellen wollten. „Wir hätten sie dann dort erfahren können.“
Uni-Professor Funke-Wiencke bestätigt, man habe sich allein über den Zeitpunkt der Veröffentlichung gestritten und nicht etwa um den Inhalt: „Wir wollen nicht nachweisen, dass das Gutscheinsystem Unsinn ist, sondern die Chancen und Probleme aufzeigen.“ Ob eher die Chancen oder die Probleme überwiegen, behält er für sich, seit er von BSJB und HSB zurückgepfiffen wurde. Grundsätzlich, deutet er nur an, „muss nicht allein der Schulsport geeignet sein, die Bewegungsbedürfnisse zu befriedigen“.
Offenbar ist er aber geeignet, BerufsschülerInnen überhaupt zur Bewegung zu veranlassen. 1997 lösten nur zehn Prozent ihren Gutschein in einem Verein ein, 1998 waren es 15 Prozent aller Lehrlinge. Die BSJB hat selbst weiterhin Statistik geführt. Im April, kündigte gestern Meyer auf der Heyde an, wird diese veröffentlicht.
Elke Spanner
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