DSW: Gebühren sind doch unsozial

Das Deutsche Studentenwerk legt Gutachten vor: Das Studium des Arztsohns finanziert vor allem der Arzt

An seiner Mission lässt Hans-Dieter Rinkens keinen Zweifel. „Wir gehören zu denen, die den Menschen die Augen öffnen und sie davor warnen, Studiengebühren einzuführen“, sagt der Präsident der Deutschen Studentenwerke (DSW).

Rinkens und das DSW gehören zu den letzten Mohikanern, die noch gegen Studiengebühren kämpfen: Dazu zählen ein paar versprengte SPDler, der freie zusammenschluss der studentinnenschaften (fzs) – und der bayerische Wissenschaftsminister Hans Zehetmair (CSU).

Für Rinkens ist es unsozial, den Besuch von Seminaren und Vorlesungen kostenpflichtig zu machen. Denn das führe zur Ausgrenzung einer bestimmten sozialen Gruppe von den Hochschulen. Eine Gruppe, die beim Studentenwerk inzwischen unter Artenschutz gestellt werden muss, weil es sie an der Uni kaum noch gibt: Die so genannte „niedrige soziale Herkunftsgruppe“.

Früher hätte man sie schlicht Arbeiterkinder genannt. Heute muss anders definiert werden: Die Eltern der „niedrigen sozialen Herkunft“ verdienen weniger als 2.940 Mark oder kriegen Sozialhilfe. An der Uni findet man sie kaum noch. Obwohl 51 Prozent der 18- bis 21-Jährigen Väter aus dieser Gruppe haben, besuchen nur 8 Prozent von ihnen eine Hochschule. Zum Vergleich: 18 bzw. 17 Prozent der Väter von 18-21-Jährigen sind mittlerer oder gehobener Herkunft – und jeweils die Hälfte ihrer Kinder besucht eine Uni.

Diese Zahlen lassen nach Rinkens nur einen Schluss zu: „Das Studium ist in Deutschland nach wie vor abhängig vom Geldbeutel. Alles Reden der letzten 30 Jahre hat daran nichts ändern können.“

DSW-Präsident Rinkens hat sich nun des neuesten Arguments pro Studiengebühren angenommen: dass sie nämlich einen sozialen Aspekt hätten (siehe Interview). Die Wissenschaftler Richard Sturm und Gerhard Eohlfahrt von der Uni Graz haben die gebührenfreien deutschen Unis unter die Lupe genommen und dabei das Gegenteil festgestellt: Zwar bezahlt die Verkäuferin (über Steuern) auch dem Arztsohn das Studium; vor allem aber profitiert das eigene Kind der Verkäuferin von der Gebührenfreiheit. In Zahlen: Die Kinder niedriger sozialer Herkunft tragen (über Steuern) 15 Prozent zum Hochschuletat bei. Die Uni verwendet für sie aber 18 Prozent ihrer Aufwendungen.

Auch das zweite große Argument zählt für die Gutachter des DSW nicht – dass Akademiker mehr finanzielle Vorteile aus einem teuren Studium ziehen, als sie einbezahlen. „Es gibt im derzeitigen System praktisch eine Art Akademikersteuer“, begründet Rinkens. Denn Akademiker zahlen mehr Steuern: weil sie erstens mit ihrem – höheren – Einkommen ohnehin in die Progression kommen; und weil sie ihr Einkommen in kürzerer Zeit verdienen – das Steuersystem benachteiligt sie auch dafür. Zusammengefasst heisst das laut DSW: Der Arzt finanziert vor allem seinem eigenen Sohn das Studium.

Dabei bleibt Präsident Rinkens – und das trotzig: „Gebühren sind unsozial. Und wenn wir die letzten Kämpfer gegen Studiengebühren sind.“ cif