: Fachkräfte für Metall
■ Betriebsräte machen sich für „Beschäftigungsbrücke“ stark
Wenige Tage vor dem Tarifpoker über „Tarifrente mit 60 Jahren“ für die 180.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie im Norden haben Belegschaftssprecher großer Unternehmen der IG Metall Küste den Rücken gestärkt. Unter dem Motto „Probleme lösen statt verschleppen“ fordern 185 Betriebsratsvorsitzende und ebensoviele Betriebsräte und Jugendvertreter in einem Aufruf die so genannte „Beschäftigungsbrücke für jung und alt“ und versuchen somit auf die Metallunternehmen „Druck auszuüben“. Wenn die Verhandlungen am 28. März scheitern, kommt es am 31. März im Norden zu Warnstreiks: Jungheinrich-Betriebsrat Horst Bier aus Norderstedt: „Das wird lustig, an dem Tag dreht gerade Dieter Wedel seinen neuen Film bei uns.“
Für die Metall-Betriebsräte gibt es angesichts der Arbeitslosigkeit zur Tarifrente keine Alternative mehr. Die von der IG Chemie abgeschlossene Altersteilzeitregelung ist für sie kein taugliches Mittel: „Das ist kein Modell für uns“, winkt Siemens-Betriebsratchefin Birgit Steinborn ab. Mit der Beschäftigungsbrücke dagegen „könnten allein im Siemenskonzern jährlich 2600 Mitarbeiter ausscheiden und Jüngeren Platz machen“.
In das gleiche Horn bläst auch Lübecks Dräger-Betriebsrat Werner Gustäbel: „Früher hieß es: Wer bei Dräger lernt, arbeitet auch bei Dräger.“ Heute würden die Auszubildenden nur befristet auf ein halbes Jahr eingestellt, weil keine Stellen frei sind. Den oft aufgebauschten Generationenkonflikt sieht Gustäbel nicht: „Manch Ältere wollen gern raus, und die Jungen wollen gern rein.“ Und auch Beschäftigte mittleren Alters freuten sich, wenn Sohn oder Tochter so einen Arbeitsplatz finden.
Nach Auffassung Steinborns sei die „Brücke“ sogar für Unternehmen von Vorteil. Aufgrund des technologischen Wandels würden immer mehr spezielle Fachkräfte mit neuen Berufsbildern und Informatikstudium benötigt. Steinborn: „Allein die Zahl der Auszubildenen und Ausscheider käme kopfzahlmässig (Siemens Jargon) hervoragend hin.“ Berechnungen der IG Metall Küste ergeben, dass durch die „Tarifrente mit 60“ pro Jahr im Norden 7000 Arbeitsplätze neu besetzt werden könnten. Die Betriebsräte: „Die Green Card für die Industrie“. Kai von Appen
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