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Mehr Rechte für Tiere

Der Tierschutz muss im Grundgesetz gesichert werden, fordert der Hamburger Jurist Johannes Caspar. Er hat die erste umfassende Studie zum Tierschutz-Recht verfasst  ■ Von Volker Stahl

Tierschutz als Staatsziel ins Grundgesetz: Das fordert Hamburgs Sozialsenatorin Karin Roth (SPD). Der Forderung haben sich kürzlich 20 Organisationen (unter anderem BUND, Tierschutzvereine und Aktion Tiere und Kirche) angeschlossen. Der Hamburger Jurist Johannes Caspar, der eine umfangreiche Studie zu dem Thema „Tierschutz im Recht der Industriegesellschaft“ vorgelegt hat, unterstützt das Vorhaben.

Schoßhündchen und in naturbelassenen Gärten herumtollende Katzen mal ausgenommen: Die Situation der nach ihrem Nutzen bewerteten Tiere – und das sind die meis-ten – ist hierzulande beschämend. Die Liste der Beispiele ist lang: Angeblich „überflüssige“ männliche Eintagsküken werden massenhaft vergast, ungezählte Rinder unter erbärmlichen Bedingungen zum Töten quer durch die Republik kutschiert und 1,5 Millionen Versuchstiere jährlich im Namen des Fortschritts in Laboratorien zu Tode experimentiert. „Das geltende Tierschutzrecht läuft in der Praxis oft ins Leere“, bemängelt Caspar und fordert deshalb die Verankerung des Tierschutzes im Grundgesetz.

Zur Untermauerung seiner Position musste Caspar wissenschaftliches Neuland betreten. In seiner Habilitationsschrift „Tierschutz im Recht der modernen Industriegesellschaft“ hat der am Fachbereich Rechtswissenschaft der Uni Hamburg lehrende Privatdozent das Thema erstmals rechtlich umfassend aufgearbeitet. Caspar listet die verschiedenen ideengeschichtlichen Etappen der Tier-Mensch-Beziehung auf, beschäftigt sich mit der Geschichte der modernen „Tiernutzungsformen“und untersucht die Stellung der Kreatur im geltenden Recht. „Meine Arbeit setzt sich dafür ein, das Tier als Rechtssubjekt zu sehen“, sagt der 37-Jährige über den Inhalt seiner Habilitationsschrift. Bislang seien Tiere nur Gegenstand von allgemeinen Rechtsnormen gewesen, die dem Tier aber keine Rechte zugesprochen hätten.

Der Nachwuchs-Wissenschaftler hofft, dass die Beschäftigung mit Tierrechten bald eine ähnliche Entwicklung wie der Fortschritt im Umweltrecht nehmen wird: „Auch da gab es vor Jahren kaum Habilitationen, weil die Materie einfach nicht anerkannt war.“ Das habe sich in den letzten Jahren aber geändert, weil die Menschen erkannt hätten, dass alles, was sie machen, mit der Umwelt zusammenhängt. Als Öko-Missionar im Gewand des Juristen sieht Johannes Caspar (siehe Interview) sich aber nicht. Der „Teilvegetarier“ gehört keiner Tierschutzorganisation an, bekennt aber, sich „niemals ein Steak zu kaufen und daheim zu braten“. Schweinefleisch verweigert Caspar – nicht nur aus gesundheitlichen Gründen – grundsätzlich: „Diese intelligenten Tiere haben in starkem Maße unter einer inhumanen Haltung zu leiden.“

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