: Malaysias schwarze Listen
Im malaysischen Bundesstaat Malakka müssen jetzt die Firmen büßen, deren Mitarbeiter bei den Wahlen mit der Opposition sympathisiert hatten
BANGKOK taz ■ Malaysias autoritäre Führung scheut keine Mittel, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen. Vorreiter der neuesten Einschüchterungswelle ist der westliche Bundesstaat Malakka. Dort hat die lokale Regierung jetzt eine „schwarze Liste“ jener Firmen erstellt, deren Mitarbeiter mit der Opposition sympathisieren. Auf dieser Liste stehen unter anderem rund 20 Bauunternehmen, die künftig keine staatlichen Aufträge mehr erhalten sollen. Den Grund nannte Chefminister Mohamad Ali Rustam: Die Firmen hätten bei der Parlamentswahl im vergangenen November oppositionelle Parteien finanziell und moralisch unterstützt.
Kurz zuvor hatte der Chefminister zwei Banken ins Visier genommen. Deren Angestellte hatten es doch tatsächlich gewagt, mit den Wahlkampf-Ansteckern oppositioneller Parteien zur Arbeit zu erscheinen. Zur Strafe zieht die Provinzregierung nun umgerechnet 25 Millionen Mark von ihren Konten bei der Bumiputra Commerce Bank und der Bank Islam Malaysia ab.
Doch Baufirmen und Banken sind nicht die einzigen Opfer der neue Strafkampagne: Selbst Ärzte sind betroffen. Die Regierung von Malakka hat den Beamten untersagt, sich in oppositionsfreundlichen Kliniken untersuchen zu lassen.
Malakkas Chefminister Rustam gehört zur Spitze der seit der Unabhängigkeit 1957 regierenden „Vereinigten Malaysischen Nationalpartei“ (Umno), die im November zwar wieder klar gewonnen hatte, aber dennoch empfindliche Verluste hinnehmen musste. Die Opposition erzielte über vierzig Prozent der Stimmen – mehr als je zuvor.
Sprecher der Opposition beschuldigen die Regierung, eine „Hexenjagd“ auf ihre Gegner zu betreiben. Obwohl Presse und Rundfunk stark eingeschüchtert sind, wächst die Debatte über Filz und Korruption im Land. Ex-Vizepremier Anwar Ibrahim, der nach einem Machtkampf mit Premierminister Mahathir Mohamad im September 1998 zunächst aus dem Amt entlassen und bald darauf ins Gefängnis geworfen wurde, wirft der Regierung seitdem immer wieder Günstlingswirtschaft und Amtsmissbrauch vor.
Der seit 1982 amtierende Premier Mahathir unterstützt das Vorgehen gegen die abtrünnigen Firmen. Überraschend ist dies nicht, denn Mahathir fühlt sich ungerecht behandelt. Hintergrund ist ein kompliziertes Gemisch von sozialen und wirtschaftlichen Problemen im Vielvölkerstaat Malaysia: Seit Ende der Sechzigerjahre hat die Regierung in Kuala Lumpur staatliche Gelder ganz selbstverständlich für ihre politischen Ziele eingesetzt.
Wenn Straßen, Regierungsgebäude oder ein Containerhafen gebaut wurden, gingen die Aufträge bevorzugt an Unternehmen ethnischer Malaien. Mit dieser weithin populären „neuen Wirtschaftspolitik“ konnte Mahathirs Regierung die Vorherrschaft der chinesischstämmigen Geschäftsleute im Land zurückgedrängen und die ökonomische Stellung der malaiischen Bevölkerungsmehrheit stärken.
Doch statt wie früher dankbar zu sein, unterstützen nun auch immer mehr Malaien die Opposition, in der inzwischen auch Malaien führende Positionen eingenommen haben. Für Mahathir scheint es deshalb logisch, nur noch mit Firmen zusammenzuarbeiten, denen „wir vertrauen können“, wie er erklärte.
Premierminister Mahathir deutete an, dass die schwarzen Listen verlängert werden. Auch Geldhäuser, deren Angestellte kürzlich pikante Details über die Vergabe öffentlicher Aufträge im Internet veröffentlichten, werden künftig auf die Zusammenarbeit mit den Behörden verzichten müssen, sagte Mahathir.
JUTTA LIETSCH
Hinweis:Die Regierung hat jetzt ihren Beamten untersagt, sich in oppositionsfreundlichen Krankenhäusern behandeln zu lassen
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