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„Die Fans sind zu oft benutzt worden“

■ „Schwarzfahrer“-Regisseur Pepe Danquart über seinen Dokumentarfilm Heimspiel, DDR-Eishockey, seine Art unter Fans zu recherchieren und die traurigste Liga der Welt

Pepe Danquart erhielt 1994 einen Oscar für Schwarzfahrer. Dort nahm ein junger dunkelhäutiger Fahrgast einer älteren Dame den Fahrschein aus der Hand und verspeiste ihn. Als bei einer Fahrscheinkontrolle die empörte Dame ausrief „Der Neger hat meinen Fahrschein aufgefressen“ glaubte ihr der Kontrolleur kein Wort. Nun hat Danquart den Dokumentarfilm Heimspiel über die Ostberliner Eishockeymannschaft EHC Eisbären wie einen Spielfilm inszeniert. Es ist weniger ein Sportfilm, als ein Film über Befindlichkeiten in der wiedervereinigten Stadt. Er erzählt von den Fans, die oft im Westen noch als „Stasi“ etc. beschimpft werden, ihren Komplexe und auch vom Stolz sich mit einem erfolgreichen „Ostprodukt“ zu identifizieren. Das Paradoxe daran ist, dass bei den „Eisbären“ vor allem Finnen, Kanadier, Tschechen und Ukrainer spielen....

taz: Wieviel wussten Sie über Eishockey im Allgemeinen und DDR-Eishockey im Besonderen, bevor sie Heimpiel machten ?

Pepe Danquart: Ganz simpel, gar nichts. Ich habe weder vom DDR- noch vom westdeutschen Eishockey eine Ahnung gehabt. Ich hatte vorher nie live ein Eishockeyspiel gesehen. Die DDR-Geschichte kam dann natürlich über die Recherche. Auch dieser Mikrokosmos zwischen Ost und West, Ost-und Westberlin, der sich da abspielt, war ein reizvoller Punkt. Als ich das erste Mal in Hohenschönhausen war, fühlte ich mich richtig fremd, aber die Atmosphäre packte mich.

Wie recherchierten Sie?

Als erstes ging es darum, Barrieren abzubauen. Die Fans sind zu oft benutzt und vorgeführt worden, um Vorurteile zu bestätigen. Da gab es Ressentiments gegenüber Kameras und Leuten aus dem Westen. Bei den Spielern interessierte mich natürlich die Kabine, das Verschlossene, die Nacktheit auch im übertragenen Sinne. Als sie mich dann akzeptierten, als die Fans begriffen hatten, dass ich neugierig war und sie ernst nahm, da ist dann das Eis gebrochen. In diesen sechs Monaten habe ich auch nach Leuten gesucht, die Verantwortung trugen, sich auskannten. So habe ich mich kundig gemacht über die kleinste und traurigste Liga der Welt.

Ihr Film ist auch ein Kommentar über Befindlichkeiten zwischen Ost und West. Hat Sie die Härte einiger Aussagen überrascht ?

Dass es eine Kluft zwischen den sogenannten „Ossis“ und „Wessis“ gibt, war mir klar. Aber das der Graben noch so tief ist, hätte ich nicht gedacht. Andererseits habe ich natürlich auch gemerkt, da ist ein Selbstschutz in der Übertreibung. Aber die Befindlichkeiten im Osten, die kannte ich nicht von so nah. Es wurde mir bewusst, was in den 10 Jahren dieser Wendezeit auch verloren gegangen ist und das einiges unwiederbringlich weg ist.

Interview: Jörg Taszman

Do, 30.3., 20 Uhr (zu Gast: Pepe Danquart), Fr, 30. – Mi, 5.4., Zeise-Kinos, 17.30 Uhr + 21.45 Uhr

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