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ejectSTEFFEN GRIMBERG zum 75. von Hänschen Rosenthal

Das Faktotum der kleinen, heilen Welt

Hallo, Herr Rosenthal, können Sie mich hören? Herr Rosenthal? Ja doch ...

Ah, gut. Also, Herr Rosenthal, erstmal herzlich Glückwunsch zu Ihrem 75. Herr Rosenthal, wir würden mit Ihnen gerne über Fernsehshows sprechen ...

Gerne. Das war eine schöne Zeit. Nur etwas anstrengend. Sie verstehen schon, das ewige Hüpfen. Man wird ja auch nicht ...

... jünger. Obwohl, wir meinten eigentlich mehr die heutige Show-Landschaft. Wo es so richtig um das große Geld geht.

Was schade ist. Natürlich sollte immer ein kleiner Anreiz mit dabei sein. Früher reichte das für ein schönes Essen mit der Familie oder einen kleinen Urlaub oder maximal die gute Waschmaschine von Miele. Aber wenn sich heute Summen gewinnen lassen, bei denen man sich fragt, ob man jemals wieder arbeiten muss ....

Ganz so üppig ist es ja nun doch noch nicht ...

Aber fast. Stellen Sie sich doch mal vor, unter welchem Druck diese Menschen stehen: Sie sind im Fernsehen, aufgeregt, Millionen gucken zu, alle Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen. Und dann noch die Gewissheit, dass es um das ganze viele Geld geht.

Sie haben Ihre als „Dalli-Dalli“-Nachfolger geplante ZDF-Show aber damals auch schon „Pinke-Pinke“ genannt!

Na, aber das war vor 15 Jahren, und im Vergleich zu heute blieben wir hübsch bescheiden. Damals waren einige tausend Mark noch keine Peanuts.

„Dalli-Dalli“ hatte ja immer auch ein soziales Anliegen – vermissen Sie das in der heutigen TV-Unterhaltung?

Darf ich auch was richtig Gemeines sagen ?

Wir bitten darum!

Wenn ich mir das manchmal so angucke, heutzutage, also: Manche der Leute, denen wir damals das „Dalli-Dalli“-Geld zugedacht haben – die sitzen heute in den Nachmittagstalkshows.

Viele Ihrer Quizmaster-Kollegen – den Begriff benutzt heute jaauch keiner mehr – haben ja sehr lange weitergemacht, Kulenkampff zum Beispiel.

Aber das war selten zu ihrem Besten ... Aber ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Rosenthal, die Arbeitsameise. Der Spiegel hat mich damals das „Faktotum der kleinen Welt“ genannt, das „gegen jeden Verschleiß gefeit“ sei – und das war zum 50. Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre ich wirklich eher der „Gartennachbar“ geworden, den der damalige ZDF-Unterhaltungschef Peter Gerlach in mir sah ...

Sie wollten die „Fernsehzuschauer vom Alltag ablenken“, haben Sie 1981 in einem Interview gesagt. Heute gibt es Shows, die gerade über die Darstellung dieses Alltags funktionieren – „Big Brother“ zum Beispiel.

Das ist verblüffend. Ja. Aber langweilig. Uninspiriert. Und ein bisschen geschmacklos.

Vor allem der Moderator!

Percy Hoven? Den finde ich eigentlich ausgeprochen nett.

Das kann nicht Ihr Ernst sein. Aber das Interessante an „Big Brother“ ist doch eher die öffentliche Debatte: Laut Innenminister Schily verletzt die Sendung die Menschenwürde ...

„Big Brother“ als Angriff auf die Menschenwürde? Ach, wissen Sie, da hab ich wirklich Schlimmeres erlebt.

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