: Ohne Nachname kein Sonnenurlaub
Seit fast zwei Jahren lebt ein Kind ohne Nachname in Berlin. Die Eltern wollen einen Doppelnamen, aber das ist rechtlich unmöglich. Doch ohne Nachname gibt es keinen Pass – und ohne den keine Auslandsreise
Wer keine Papiere hat, kann nicht verreisen. Wer keinen Nachnamen hat, erst recht nicht. Das musste jetzt eine Familie aus Steglitz erfahren und ihren Urlaub statt im sonnigen Süden im Schneesturm auf Rügen verbringen. Die fast zweijährige Alea Zoe hat zwar eine Geburtsurkunde, in der steht, dass sie „noch keinen Familiennamen erhalten hat“. Doch einen Kinderpass bekommt sie damit noch lange nicht. Und ohne Kinderpass können die Eltern mit ihrer Tochter nicht ins Ausland reisen.
Und das nur, weil das Kind keinen Doppelnamen bekommen kann. Die verheirateten Eltern, Martina Kaehne und Armin Woy, hätten ihrer Tochter gern den Nachnamen „Kaehne-Woy“ gegeben. Doch das ist nach dem derzeitigen Namensrecht nicht möglich. „Bei getrennter Namensführung der verheirateten deutschen Eltern muss man sich zwischen dem Namen des Vaters und dem der Mutter entscheiden“, argumentatiert das zuständige Standesamt Tempelhof. Als Gründe werden die „Tradition des deutschen Namensrechts“ und die „verwaltungstechnische Praktikabilität“ ins Feld geführt.
Das sind für Friedrich Ebel, Familienrechtler an der Freien Universität, „vorgeschobene Gründe“. Er hat im Auftrag der Eltern ein Rechtsgutachten erstellt und kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige Regelung verfassungswidrig ist. Wenn die Eltern getrennte Namen führen, habe das Kind nach Artikel 1 Grundgesetz das Recht, seine Familienzugehörigkeit im Doppelnachnamen deutlich zu machen. Außerdem sei es eine Ungleichbehandlung, da nichteheliche Kinder jetzt schon die Möglichkeit haben, einen Doppelnamen zu bekommen.
Vor dem Amts- und dem Landgericht sind die Eltern gescheitert. Doch sie lassen sich nicht abschrecken und klagen derzeit vor dem Kammergericht.
Ihre Erfahrung mit dem Namensrecht reicht schon zehn Jahre zurück: Als sie 1990 heirateten, wollten die Eheleute jeweils ihren Namen behalten, doch das war damals noch nicht möglich (siehe Kasten). Deshalb nahm Armin Woy einen Doppelnamen an. Nachdem das Namensrecht seit 1993 eine getrennten Namensführung ermöglichte, nahm Woy wieder seinen Geburtsnamen an.
Für die Eltern wäre es nur folgerichtig, wenn ihr gemeinsames Kind den Doppelnamen bekäme. „Angenommen, das Kind hätte meinen Namen und meine Frau ginge mit ihm zum Arzt – sie würde immer blöd gefragt werden, ob das denn tatsächlich ihr Kind sei“, befürchtet Woy und verweist dabei auf Erfahrungen in seinem Bekanntenkreis.
Möglicherweise wird sich die Ausdauer der Eltern bald lohnen: Da die Problematik kein Einzelfall ist, geht Professor Ebel davon aus, dass es noch in diesem Jahr einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts dazu geben wird. SILVIA LANGE
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