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Lehrerstreik ist stark umstritten

Die Gemüter sind erhitzt: An vielen Schulen ist noch unklar, ob und wie viele Lehrer sich am Dienstag dem Aufruf der GEW zu Streik anschließen werden. Schulsenator Böger droht mit Eintrag in die Personalakten

Der für die kommende Woche geplante Lehrerstreik erhitzt die Gemüter. Während gestern um die 10.000 Lehrer vor dem Roten Rathaus gegen die Arbeitszeitverlängerung protestierten, herrscht in den einzelnen Schulen noch Uneinigkeit darüber, ob und im welchem Ausmaß am kommenden Dienstag gestreikt werden soll.

Der Leiter der Kreuzberger Lina-Morgenstern-Gesamtschule, Manfred Claudi, geht von einer großen Beteiligung seiner Kollegen aus: „Ich vermute, dass der Frust so hoch ist, dass sich mehr als die Hälfte des Kollegiums daran beteiligen wird.“ Probleme für die Jugendlichen sieht er dabei nicht. Die Schüler würden von den nicht streikenden Lehrern beaufsichtigt.

In der Scharmützelsee-Grundschule in Schöneberg dagegen ist bisher unklar, ob überhaupt gestreikt wird. Die Stimmung bewege sich zwischen Resignation und Kampfeslust, sagt Schulleiterin Gabi Vornberger. Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Spandau wird heute darüber diskutiert, ob es gemeinsame Aktionen von Schülern und Lehrern geben soll, um auf die Missstände wie Unterrichtsausfall aufmerksam zu machen.

An der Askanischen Oberschule in Charlottenburg sind die Lehrer in der Mehrzahl gegen den Streik. „Die konservativen Lehrerkräfte machen es nicht, weil sie als Beamte nicht streiken dürfen“, sagt der Deutschlehrer Peter Klepper. Er selbst sei dagegen, weil der Streik ein „zu geringes Ziel“ verfolge: „Es ist zu egoistisch, nur wegen der Arbeitszeit zu streiken.“ Streik sei „ein letztes Kampfmittel in einer Überlebensfrage, in der es um Krieg oder Frieden geht“. Wie 1983 beim Streik gegen die Atomaufrüstung.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wollte sich gestern noch nicht dazu äußern, wie viele Lehrer sich an dem Streik beteiligen werden. Dies könne erst nach der Vollversammlung am Montagabend geschätzt werden. Die Sprecherin der GEW, Sigrid Baumgardt, betonte, am Dienstag werde „kein Schüler unbeaufsichtigt bleiben“. Vorwürfe, die Qualität der Schule würde durch den Streik noch mehr leiden, wies Baumgardt zurück. Die Aktion stehe in keiner Relation zum alltäglichen Unterrichtsausfall.

Der Streik findet zwei Tage vor der zweiten Lesung des Haushaltssanierungsgesetzes im Abgeordnetenhaus statt. Danach träte die Arbeitszeiterhöhung um eine Stunde für alle Lehrer offiziell im nächsten Schuljahr in Kraft.

Die Schulverwaltung wies gestern daraufhin, dass der Streik einen Eintrag in die Personalakte zur Folge haben werde. Dass dadurch jedoch eine Beförderung nicht mehr möglich sei, sei „völliger Quatsch“, sagte Sprecherin Rita Hermanns. Schulsenator Klaus Böger (SPD) hat die Schreiben einiger Schulen an die Eltern, mit Hilfe falscher Entschuldigungen die Kinder am Streiktag zu Hause zu lassen und so den Lehrkräften die Teilnahme am Streik zu erleichtern, als „unerträglich“ bezeichnet. Dadurch werde zum „Lügen und Betrügen“ aufgerufen. Böger kritisierte den Streik gestern erneut. Die Interessen der Lehrer dürften nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werden.

Den letzten großen Lehrerstreik gab es 1992 – auch wegen der Erhöhung der Arbeitszeit. Nach Angaben der GEW erschienen damals 12.000 Lehrer nicht zum Dienst, für 100.000 Schüler fiel der Unterricht aus.

JULIA NAUMANN

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