Italiens Rechte hetzt drauflos

Mit einem Volksbegehren für ein neues Einwanderungsgesetz schlägt Italiens Rechtsbündnis im Regionalwahlkampf extrem ausländerfeindliche Töne an. Migranten sollen der Lega Nord das abhanden gekommene Feindbild ersetzen

aus RomMICHAEL BRAUN

Seegefechte in der Adria, Aufbringung und Versenkung von Schlepperschiffen: Wenn es nach dem Forza-Italia-Politiker Giulio Tremonti geht, sieht so bald der Alltag vor Italiens Küste aus. „Zur Not muss die Marine auch das Feuer auf die Boote der Schlepper eröffnen“, fordert er. Noch ist der Schießbefehl an der Seegrenze nicht Wirklichkeit, doch mitten im Regionalwahlkampf lancierten jetzt die Rechtsparteien Forza Italia und Lega Nord ein Volksbegehren für ein neues (Nicht-)Einwanderungsgesetz, das der „laschen Immigrationspolitik“ der Mitte-links-Regierung ein Ende setzen soll.

Ein „humanes Gesetz“ schlage die Rechte da vor (Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi), ein Gesetz „im Geist der christlichen Missionen“ (Lega-Nord-Führer Umberto Bossi). Vor allem aber geht es in dem Paragraphenwerk um die Verteidigung der „nationalen Identität“ der Italiener gegen die Drohung einer „multirassischen Gesellschaft“: Nicht-EU-Ausländer sollen in Zukunft nur noch ins Land, wenn sie einen Arbeitsplatz in Italien nachweisen können, wenn ihnen das italienische Konsulat in ihrem Heimatstaat daraufhin schon eine italienische Steuernummer zugeteilt hat und wenn der zukünftige Arbeitgeber aus eigener Tasche die Kosten für die Unterbringung des Immigranten übernimmt.

Ergänzt wird die faktische Verunmöglichung legaler Einreisen durch ein breites Instrumentarium, um Unerwünschte problemlos fern zu halten oder herauszuexpedieren. So soll die Marine verdächtige Schiffe auch in internationalen Gewässern aufbringen, und so sollen Ausweisungen dank knapper Einspruchsfristen ohne aufschiebende Wirkung demnächst ohne viel Federlesens über die Bühne gehen. Vordergründig ist der Gesetzesvorschlag der Rechten ein klassisches Wahlkampfmanöver, darauf gerichtet, den Volkszorn gegen die Mitte-links-Regierung anzustacheln. Am 16. April sind 43 Millionen Italiener an die Urnen gerufen, um die Regionalparlamente zu wählen, und am 9. April beginnt die Unterschriftensammlung der Rechtsparteien für das Volksbegehren.

Zugleich aber zelebrieren die Rechtsparteien über den Wahltag hinaus ihre erst vor einigen Wochen neu geschmiedete Allianz. Bossis Lega Nord hatte für das Bündnis einen hohen Preis gezahlt: den Verzicht auf ihre separatistischen Ziele und ihre Propaganda gegen die süditalienischen „Schmarotzer“. Die Feindbild-Lücke füllen jetzt mit Berlusconis Segen die illegalen Zuwanderer. Gerade Umberto Bossi lässt keinen Zweifel, dass die „Steuerungsinstrumente“ des Gesetzesvorhabens auf Verhinderung jeglicher Zuwanderung zielen.

Zwar hat Italien nach UNO-Schätzungen in den nächsten 25 Jahren angesichts der Überalterung der Bevölkerung einen konstanten Bedarf von 380.000 Immigranten pro Jahr – doch La Padania, das Parteiblatt der Lega Nord, kontert trocken, die Italiener sollten sich gefälligst nicht per Ausländerzuzug der „demografischen Anstrengung“ entziehen. Und um die Ausländer sollten sich vor Ort die Missionare in Afrika kümmern. In der Kirche wird Bossi allerdings kaum einen Bündnispartner finden; die Caritas warf der italienischen Rechten vor, sie entfessele mit ihrem Gesetzesvorhaben einen Krieg gegen die Armen. Doch Beifall für das Volksbegehren gab es auch: vom französischen Front-National-Chef Jean-Marie Le Pen.