: Sanierungsprogramm plus
Neues Sanierungsprogramm für Holzmann soll mit Aktienbeteiligung der Arbeiter aufgepeppt werden. Betriebsrat kritisiert mangelnde Einbeziehung. Ob die Arbeitgeber das Konzept nunmehr akzeptieren, ist zweifelhaft
von KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
In „Geheimverhandlungen“ hätten sich Vertreter der IG BAU undVorstandsmitglieder der Philipp Holzmann AG auf einen neuen Sanierungstarifvertrag geeinigt, monierten Betriebsräte des angeschlagenen Unternehmens schon vor der Pressekonferenz der Bosse und der Gewerkschafter gestern in Frankfurt. Sie jedenfalls seien zu diesen „mehrwöchigen, intensiven Gesprächen“ (IG BAU), an deren Ende die Beteiligung der Mitarbeiter an der – kühn prognostizierten – Wertsteigerung der Holzmann AG beschlossen wurde, nicht eingeladen worden. Und sie hätten wohl nur noch zu schlucken, was in der Chefetage „ausgekocht“ wurde.
Der Justiziar der IG BAU, Gregor Asshoff, wies die Vorwürfe aus den Reihen der Betriebsräte umgehend zurück. Auch BMW habe die Übernahme von Rover schließlich „nicht auf dem offenen Markt ausgehandelt“. Ein sicher eher unglückliches Beispiel. Und Asshoff wurde auch rot. Aber nach der Ablehnung des bisherigen Sanierungstarifvertrages durch die Phalanx der Arbeitgeber der Branche habe man erst einmal in Ruhe auch neue Ideen diskutieren wollen. Am Wochenende würden alle Betriebsräte eingeladen und informiert, versprach er. Niemand habe also irgendetwas einfach zu schlucken.
Auch die Arbeitgeber wohl nicht. Denn was seit gestern auf dem Tisch liegt, ist so neu nicht. Der angeblich neue Sanierungstarifvertrag ist nämlich exakt der alte, angereichert mit einem Aktienwertsteigerungsprogramm. Es bleibt also bei der wöchentlichen Mehrarbeit von bis zu fünf Wochenstunden für sanierungswillige Holzmänner. Und auch bei deren Rückvergütung ab 2002: entweder durch Freizeit oder durch die monetäre Begleichung der freiwillig abgeleisteten Überstunden, orientiert am geltenden Tarifvertrag und abhängig von der Gewinnsituation.
Wirklich neu ist nur die –zusätzlich – vereinbarte Beteiligung der Mitarbeiter am Aktienvermögen. Wie der Personalchef derHolzmann AG, Michael Ernst, erklärte, würden alle Arbeitnehmer, die sich an der Sanierung des Unternehmens beteiligten, nach dem 31. August 2004 für ihr Engagement belohnt – wenn der Aktienkurs das zulässt. Denn tatsächlich etwas ausgeschüttet an die Mitarbeiter wird nur, wenn der Kurs der Holzmann-Aktie am Stichtag die festgelegte Grenze von 85 Euro überschritten hat. Das sei „mit ein wenig Fantasie durchaus vorstellbar“, sagte Ernst – ernsthaft. 85 Euro war der niedrigste Kurs der Holzmann-Aktie 1999; vor dem Desaster und der darauf folgenden Aussetzung des Handels.
Und woher nehmen IG BAU und Holzmann die Zuversicht, dass diesem „neuen“ Sanierungstarifvertrag von den Vertretern der Arbeitgeber der Baubranche, die den alten Sanierungstarifvertrag ablehnten, weil sie Wettbewerbsnachteile befürchteten, kein Widerstand mehr entgegensetzt werde? Der Flächentarifvertrag im Westen sei doch vor einer Woche „unter Dach und Fach gebracht“ worden, sagte Asshoff. Jetzt könne in Ruhe erfolgreich neu verhandelt werden. Niemand brauche mehr mit den Muskeln zu spielen.
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