: Das bisschen Totschlag
■ Längst hat sich die Neo-Nazi-Rock-Szene zu einem straffen Netzwerk zusammengeschlossen. Ein Buch gewährt Einblicke
Die Nazi-Rock-Szene boomt nach wie vor: Seit 1991 haben über einhundert deutsche Bands knapp fünfhundert verschiedene CDs mit überwiegend neonazistischen und rassistischen Texten in einer Stückzahl von bis zu 15.000 Exemplaren produziert, die über 50 Labels vertrieben werden.
Ein gerade bei dem kleinen Hamburger Verlag reihe antifaschistische texte erschienenes Buch White Noise. Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour gibt nun Einblick in den aktuellen Stand der Szene. Beschreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz die Szene als losen Zusammenschluss, stellen die Autoren ein straff aufgebautes Netzwerk vor, das neben den legalen Labels wie Rock-O-Rama aus klandestinen Strukturen wie Blood & Honour (B&H) besteht, ein Netzwerk, das mittels neuer Kommunikationstechnik illegale Konzerte mit über 2000 Neonazis durchführt und indizierte CDs per Internet vertreibt.
Das Fazit der Autoren: Das Neonazispektrum und die Skinheadmusikszene rücken enger zusammen und kämpfen gemeinsam für die „nationale Sache“: In England und Schweden waren bereits die B&H-Sektionen an Morden und Bombenanschlägen beteiligt. Die Musik ist nicht nur „kultureller Ausdruck“ einer neonazistischen Bewegung, sondern zugleich ein Business mit Millionengewinnen, die in den „nationalen Widerstand“ fließen.
Aus Sorge vor Aufdeckung des militanten Netzwerkes versuchte Ulrich Großmann, der von den Autoren als „Schnittstelle“ zwischen legalen und illegalen Strukturen bezeichnet wird, den Vertrieb des Buches per einstweiliger Verfügung zu verhindern. Ohne Erfolg – vor dem Landgericht Münster musste der DIM-Records-Betreiber einräumen, durch den Verkauf von B&H-Produkten Gewinn zu machen.
Andreas Speit
Buchpräsentation: heute, Kölibri, 19.30 Uhr
Searchlight u.a.(Hg.), White Noise. Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour, rat, Hamburg 2000, 160 S., 19.80 Mark
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