: kurzinterview
Verwaltungsrichter Percy MacLean: Konflikt mit Bundesrecht
taz: Der Senat beabsichtigt, das Widerspruchsrecht gegen Entscheidungen der Ausländerbehörde abzuschaffen. Sie haben das gestern aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisiert. Worin sehen Sie das Problem?
Percy McLean: Das Vorhaben ist verfassungsrechtlich höchst problematisch. Das Widerspruchsverfahren ist außerdem schon im bundesweiten Ausländergesetz geregelt. Dort ist ausdrücklich erwähnt, dass nur bei abgelaufenen Duldungen kein Widerspruch mehr eingelegt werden kann. Ob der Landesgesetzgeber da überhaupt noch einen Spielraum hat, ist zweifelhaft.
Sind ihre Bedenken nur rechtlicher Natur?
Nein. Wenn das Abgeordnetenhaus diese Senatsvorlage wirklich beschließt, dann ist das politisch höchst problematisch. Damit würde eine ganze Gruppe von Bürgern von einer rechtsstaatlichen Errungenschaft ausgeschlossen. Es sind wieder mal die Ausländer, deren Rechte massiv beschnitten werden. Nach der geltenden Rechtslage kann die Behörde fast jede ausländerrechtliche Entscheidung noch einmal voll überprüfen. Nach der geplanten Regelung bliebe nur der Gang vors Gericht. Die Überprüfungsmöglichkeiten sind dort wesentlich geringer, der Ermessensspielraum klein.
Wird mit dieser rechtlichen Änderung in Zukunft auch schneller abgeschoben werden können, wie der Senat argumentiert?
Nein. Es wird keine Beschleunigung geben, weil auch jetzt schon nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren abgeschoben werden kann. Daran wird sich nichts ändern.
Interview: JULIA NAUMANN
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen