: Feine Mitgift für Dresdner
Die letzte Bilanz von Vorstandssprecher Bernhard Walter ist seine beste. 2,1 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern. Jetzt hat die Bank Partner in Deutschland, Europa und den USA im Visier
aus Frankfurt am Main KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Die Bäume wachsen bekanntlich nicht in den Himmel; und schon gar nicht die hydrokulturellen Gewächse im Atrium der Dresdner Bank in Frankfurt. Größe alleine sei ja auch nicht ausschlaggebend, konstatierte der scheidende Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Bernhard Walter (53), gestern auf der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 1999 – nur drei Tage nach der Aufkündigung der Fusionsverhandlungen mit der Deutschen Bank.
„Super“ präsentiere sich seine Bank schließlich auch allein. 1999 habe man einen Rekordgewinn vor Steuern von 2,1 Milliarden Mark erwirtschaftet, 59 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit stehe man auch auf dem „Siegertreppchen“. Allerdings nicht ganz oben. Nicht in Deutschland. Und schon gar nicht in der Welt. Noch vor drei Wochen träumten Walter und die meisten seiner Vorstandskollegen davon, bald – nach erfolgter Fusion – dem Vorstand der größten Bank der Welt, der Deutschen Bank grün, anzugehören. Aus und vorbei. Die „Liebeshochzeit“ (Walter) kam nicht zustande, weil Walter nicht bereit war seine kostbare Geliebte in London zu verstoßen: die Investmentbank Dresdner Kleinwort Benson, das „Milliardenjuwel“ (Walter).
Das sei der „Dealbreaker“ gewesen, bestätigte Walter noch einmal. Am Widerstand der Beschäftigten der Dresdner Bank, wie auch gemutmaßt wurde, sei die Fusion ganz bestimmt nicht gescheitert. Man dürfe ihm das glauben: „Ein Vorstandsmitglied der Dresdner Bank lügt nicht.“
Realsatire in Reinkultur. Erst vor einem Jahr übernahm Walters Vorgänger Jürgen Sarrazin die Verantwortung für den spektakulären Steuerhinterziehungsskandal bei der Dresdner Bank, in dessen Verlauf die Zentrale der Bank in Frankfurt und auch diversen Filialen in ganz Deutschland von der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung mehrfach durchsucht wurden. Sarrazin wurde seine Bereitschaft, allein den Sündenbock zu spielen und sich von einem Gericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung und zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 1,5 Millionen Mark verurteilt zu lassen, allerdings vergoldet. Die Dresdner Bank zahlte das Bußgeld und schüttete an Sarrazin anschließend noch einmal 5 Millionen Mark aus: Schmerzensgeld. Die anderen Vorstandsmitglieder waren froh, aus dem Schneider zu sein.
Für Walter heute alles alte Geschichten. Und der gescheiterte Zusammenschluss ist auch schon abgehakt. Doch der Fusionsgedanke spukt weiter durch die Köpfe der Vorstandsmitglieder, deren Sprecher nach dem Rücktritt von Walter am 30. April 2000 der bisher für das Firmengeschäft „Global Finance“ zuständige Bernd Fahrholz (52) werden wird. „Erste Priorität“ bei der Partnersuche werde einer Bank in Deutschland eingeräumt, sagte Walter. Dann komme Europa dran – und dann die USA.
Stay alone scheint also nicht die zukünftige Strategie der Dresdner Bank zu sein. Trotz des Rekordgewinns. Und wie geht es im Inland mit der „Beraterbank“ weiter? Schließlich hatte eine Äußerung von Vorstandsmitglied Joachim von Harbou, wonach alle Kunden mit einem Vermögen von unter 200.000 Mark nach der geplanten Fusion nicht mehr von der Dresdner Bank, sondern von der Bank 24 „beraten“ und betreut würden, für Negativschlagzeilen gesorgt und Kunden vergrätzt. Der Plan zur Zukunft des „Retail-Banking“ sei noch geheim, sagte Walter. Eines könne er aber schon heute bekannt geben: Die Dresdner Bank müsse „schlanker“ werden; und „fit gemacht“ werden für den harten Wettbewerb. Eine Portfolioanalyse biete hierfür die Basis. Weniger Filialen also. Und weniger Arbeitsplätze. Keine guten Nachrichten für die Beschäftigten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen