: Vater und Symbol
Juan Miguel González, der Vater des kubanischen Flüchtlingsjungen Elián, ist Teil einer Propagandaschlacht geworden
Juan Miguel González ist die Hoffnung der Miami-Kubaner – und ihr Albtraum. Bliebe der Vater des sechsjährigen kubanischen Flüchtlingsjungen Elián in den USA, ja hätte er der ersten Kamera, die auf ihn gerichtet wurde, die Worte „politisches Asyl“ entgegengerufen, er wäre der Held von Miami geworden. Aber er will kein Asyl, er will mit seinem Sohn zurück nach Kuba, und zwar möglichst bald.
Zähneknirschend gesteht die Miami-kubanische Gemeinde González zu, dass er nun einmal Eliáns Vater ist. Die Beziehung von Eltern zu Kindern als untrennbares Band – das ist auch ihr Weltbild. Jeder glaubt ihm, dass er seinen Sohn vermisst, dass er ihn zurückholen will.
Und so ist Juan Miguel González auch die Hoffnung Fidel Castros – und sein Albtraum. Als Vater, der seinen verlorenen Sohn zurückholt, ist Juan Miguel González das stärkste, weil menschlichste Argument Castros im Elián-Konflikt. Übersiedelte er in die USA, er wäre Castros größte Niederlage.
Doch González bleibt der, der bleibt. Der für seinen Sohn kämpft, Seite an Seite mit dem Comandante Fidel. Er ist die Hoffnung aller kubanischen Eltern, die kein schlechtes Gewissen haben wollen, weil sie ihre Kinder auf Kuba großziehen. Der in seinen Reden klarstellt, der kubanische Staat unterstütze ihn in seinem Kampf – nicht umgekehrt.
Gonzáles findet sich wieder in einem Konflikt zwischen Propaganda und menschlicher Tragödie. Wie will er dem Jungen erklären, dass in Kuba voller Hass davon gesprochen wird, Elián sei „entführt“ worden. Waren doch die „Entführer“ gerade jene, deren Tod Elián noch immer kaum begriffen hat: seine Mutter und sein Stiefvater. Sie ertranken im November, als ihr seeuntüchtiges Boot, mit dem sie aus Kuba fliehen wollten, unterging. Nur Elián überlebte, geklammert an den luftgefüllten Schlauch eines LKW-Reifens. Wie will Juan Miguel González mit der Liebe des Jungen zu seiner toten Mutter umgehen – einer Liebe, die von der Propaganda nicht geduldet wird?
Fast zwei Tage hat González gebraucht, um in ein Treffen mit den beiden Fischern einzuwilligen, die Elián aus dem Meer gezogen hatten. Die beiden, schlichte Gemüter aus Fort Lauderdale, erzählten der Presse derweil, der Vater werde sein Kind nicht mehr sehen, wenn sie wieder in Kuba seien, denn Elián ginge dann in Staatsbesitz über. Es fiel Juan Miguel González sichtlich schwer, schließlich über seinen Anwalt verkünden zu lassen, er sei unendlich dankbar und werde sie treffen. Er will zurück nach Kuba, möglichst bald. Lange hält er diesen Propagandadruck nicht mehr aus. BERND PICKERT
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