: Eliáns letzte Tage in den USA
Noch in dieser Woche soll der sechsjährige kubanische Flüchtlingsjunge seinem Vater übergeben werden
WASHINGTON dpa ■ Das Drama um den kubanischen Flüchtlingsjungen Elián González steht vor dem Höhepunkt. Die Verwandten des Sechsjährigen in Miami bereiteten gestern einen Dringlichkeitsantrag an ein Familiengericht vor, um Eliáns Übergabe an seinen Vater in letzter Minute doch noch zu verhindern. Diesem Vorstoß wurde aber praktisch keine Chance eingeräumt. US-Justizministerin Janet Reno hatte am Freitag angeordnet, dass der Junge in dieser Woche seinem Vater Juan Miguel González übergeben wird, der aus Kuba angereist war, um seinen Sohn abzuholen.
Schützenhilfe erhielten die um Eliáns Verbleiben kämpfenden Angehörigen inzwischen von zwei Fischern aus Florida, die den Jungen Ende November aus dem Meer gerettet hatten. Eliáns Mutter war bei dem Versuch ertrunken, mit ihrem Sohn aus Kuba zu flüchten. Die Fischer Donato Dalrymple und Sam Ciancio sahen Elián an einen Reifenschlauch geklammert im Wasser treiben, bargen ihn und brachten ihn an Land. Am Samstag reisten sie nach Washington, wo sich Eliáns Vater zur Zeit aufhält. Sie wollten sich laut eigenen Angaben davon überzeugen, dass sein Sohn bei ihm in guten Händen sein wird und ihn notfalls „auf Knien“ anflehen, mit Elián in den USA zu bleiben. Nach ihren Angaben war der Junge aufgebracht, als er von der Ankunft des Vaters in den USA erfuhr. Er sei davon gerannt und habe sich in einem Zimmer eingeschlossen.
Bisher ist nicht sicher, ob die Angehörigen den Sechsjährigen freiwillig in die Obhut des Vaters geben oder ob die US-amerikanischen Regierung die Polizei zur Hilfe holen muss. Nach Medienberichten vom Samstag wird an einem Einsatzplan für den Fall einer solchen Zuspitzung gearbeitet. Wie es hieß, soll der Junge notfalls von US-Marshalls und Beamten der Einwanderungsbehörde INS aus dem Haus der Verwandten in Florida geholt werden – allerdings am Tage, um die Atmosphäre nicht noch mehr anzuheizen.
Sichtlich aufgewühlt hatte Ministerin Reno am Freitag an alle Beteiligten appelliert, eine glatte und schonende Übergabe zu ermöglichen. Kuba sei eine repressive Gesellschaft und Staatschef Fidel Castro ein Diktator, sagte Reno, doch könne der Vater nicht für das politische System in seinem Land bestraft werden. An der Übergabe sei nichts mehr zu ändern, betonte die Ministerin.
Zwei Psychologen und ein Psychiater sollten nach ihren Plänen gestern mit Vater González darüber beraten, wie die Übergabe möglichst schonend abgewickelt werden könne.
portrait SEITE 11
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen