piwik no script img

Aktienemissionen für die Umwelt

Der Erlös aus neuen Aktien kommt den Unternehmen zugute, die sie ausgeben. Beim Handel mit Altaktien profitieren vor allem die Eigentümer. Ökologische Produkte können oft erst mit dem Geld der Anleger produziert und gehandelt werden

von PETER GRIEBLE

Es gibt viele Beweggründe, in ökologische Aktien zu investieren. Für manche Anleger sind es die interessanten Renditechancen, anderen beruhigen sie wohl eher das Gewissen. Wer mit der Anlage in ökologische Aktien die Hoffnung verbindet, etwas für die „ökologische Sache“ zu tun, wird es wichtig finden, dass ökologische Geldanlagen konkrete Auswirkungen haben können. Durch das Investment soll eine ökologische Mitgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft möglich werden. Die Anlage in Aktien entsprechender Unternehmen stellt dafür ein Mittel zum Zweck dar. Deren ökologische Produkte können mit dem Anlegergeld oft erst hergestellt und angeboten, umweltgerechte Verfahren erst entwickelt werden. Was der Finanzierung solcher Unternehmen nützt, nützt auch der Umwelt – vorausgesetzt, dass die Produkte, Dienstleistungen und Verfahren auch tatsächlich als ökologisch zu bezeichnen sind.

Dieser monetäre Zusammenhang ist leicht verständlich bei der erstmaligen Emission von Aktien durch ein Unternehmen. Die Anleger stellen Kapital zur Verfügung und bekommen Aktien des Unternehmens. Weil viele Unternehmen aus dem ökologischen Bereich noch recht klein und jung sind, haben sie oft nicht die Möglichkeit, ihre Vorhaben durch Kredite zu finanzieren. Banken sind in der Regel nicht bereit, bei der Kreditvergabe größere Risiken einzugehen. Junge Unternehmen bedeuten aber wegen des geringen Alters ein höheres wirtschaftliches Risiko für die Kreditinstitute. Selbst wenn solche Unternehmen doch Kredite bekommen, dann oft nur zu hohen Zinsen. Hohe Zinsen machen jedoch viele ökologisch interessante Vorhaben betriebswirtschaftlich unrentabel und damit für ein Unternehmen undurchführbar.

Wenn Anleger diese höheren Risiken akzeptieren und Aktien ökologisch orientiert arbeitender Unternehmen kaufen, dann springen sie in diese Bresche. Das Unternehmen erhält die Mittel, die es für seine Umweltprojekte benötigt. Es kann sich darüber hinaus günstig finanzieren, denn häufig werden in den ersten Jahren keine oder nur geringe Dividenden bezahlt. Es fließt also kein Kapital aus dem Unternehmen ab. Selbst wenn Dividenden bezahlt werden, muss ein Unternehmen dafür üblicherweise weniger Geld aufwenden als für Zinszahlungen bei einem Kredit. Allerdings erlangt das Unternehmen diese Vorteile nur, wenn die Aktien aus einer Kapitalerhöhung stammen. Verkaufen hingegen die bisherigen Eigentümer ihre Aktien, profitieren in erster Linie sie davon.

Um die Vorteile einer Aktienemission umfassend zu nutzen, versuchen Unternehmen möglichst viele neue Anleger dafür zu interessieren. Legt eine genügend große Anzahl von Anlegern auf ökologische Gesichtspunkte Wert, wird es für Kapital suchende Unternehmen interessant, sich entsprechend zu verhalten. Denn es ist für sie dann wahrscheinlicher, genügend viele Interessenten für ihre Aktien zu finden. Gelingt es Anlegern, Unternehmen zu verstehen zu geben, dass sie die Beachtung ökologischer Kriterien wünschen, können sie somit entsprechenden Einfluss erlangen.

Wenn die Aktien erst einmal ausgegeben und börsennotiert sind, können die Unternehmen und damit die von ihnen durchgeführten ökologischen Projekte weiter profitieren. Große Nachfrage von Anlegern – die beispielsweise dadurch entstehen kann, dass Unternehmen ökologische Kriterien beachten – lässt den Kurs deren Aktien steigen. Je höher der Kurs ihrer Aktien, desto einfacher können Unternehmen den Kapitalmarkt „anzapfen“, um frisches Geld zu bekommen. Es werden hierzu im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue Aktien ausgegeben. Durch einen hohen Kurs der alten Aktien können auch die neuen Aktien teuer ausgegeben werden, wodurch dem Unternehmen eben auch mehr neues Kapital zur Verfügung steht.

Unabhängig davon, ob der hohe Aktienkurs für die Anleger sinnvoll ist oder nicht, bedeutet er also eine gute Möglichkeit für die Unternehmen, sich günstiges Kapital auf dem Kapitalmarkt zu besorgen. Und diese Mittel können dann wieder der ökologischen Tätigkeit des Unternehmens zugute kommen. Manche Firmen verdanken Kapitalerhöhungen sogar ihre Existenz. So hätte die als „reine“ Umweltaktie apostrophierte „B.U.S Berzelius Umwelt-Service“ eine schlimme wirtschaftliche Schieflage Mitte der 90er Jahre wohl nicht überstanden, hätte sie nicht Jahre zuvor – nachdem der Kurs ihrer Aktien stark angestiegen waren – sehr erfolgreich Kapitalerhöhungen durchgeführt.

Doch der Nutzen einer Aktienemission kann für das Unternehmen noch weitreichender sein. So erhöht sich in der Regel die Bekanntheit solcher Firmen. Wer kannte bis vor wenigen Wochen schon das sehr traditionelle Unternehmen „Infineon“? Aus dem ökologischen Bereich haben nahezu unbekannte Gesellschaften wie auch „B.U.S“, „Solarworld“ oder „Plambeck Neue Energien“ zumindest eine größere Bekanntheit erlangt.

Der höhere Bekanntheitsgrad strahlt auf die Produkte der Unternehmen aus, beispielsweise die Kosmetikkette „Body Shop“. Ist der Aktionär von einem Unternehmen überzeugt, wird er auch als Kunde nicht abgeneigt sein. Damit spült die Aktienemission nicht nur Anlage suchendes Kapital in die Kassen des Unternehmens, sondern lässt auch die Umsatzzahlen steigen. Es werden mehr ökologische Produkte und Dienstleistungen nachgefragt. Ebenso dürfte die gestiegene Bekanntheit Verhandlungen mit Lieferanten und Kommunen erleichtern. Für das Unternehmen bedeutet eine Börsennotierung auch, dass es nun verstärkt im Fokus der Öffentlichkeit steht. So muss sich das Management auf der mindestens einmal im Jahr stattfindenden Hauptversammlung den Anlegern stellen. Die Unternehmen dürften sich daher besonders anstrengen, die an sie herangetragenen Erwartungen – die im Bereich ökologisch orientierter Unternehmen besonders hoch sind – zu erfüllen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen