: Merkel im Kampfanzug
Die neue CDU-Vorsitzende Angela Merkel dankt Helmut Kohl, beendet die Spendenaffäre und will die Bundestagswahlen 2002 gewinnen. Knapp 96 Prozent der Delegierten für die neue Chefin
ESSEN taz ■ Mit Ohrfeigen für Gerhard Schröder und Streicheleinheiten für Helmut Kohl trat Angela Merkel gestern ihr Amt als neue Vorsitzende der CDU an. Damit beherzigte sie die Empfehlung von CSU-Chef Edmund Stoiber, die CDU müsse „das Büßerhemd ausziehen und den Kampfanzug anlegen“.
„Die Stunde unserer Gegner ist vorbei“, rief Merkel den knapp tausend Delegierten in Essen zu, „wir sind wieder da.“ Die CDU sei als Partei intakt, ihre Mitglieder seien entschlossen, sagte Merkel. „Wir müssen uns auch nicht den Rechtsstaat erklären lassen. Nicht von Gerhard Schröder, nicht von Rezzo Schlauch und schon gar nicht von Hans- Christian Ströbele.“ Unter dem Jubel der Delegierten, die eine so offensive Rede nicht erwartet hatten, kündigte die 45-Jährige an: „Wir haben ein klares Ziel: Wahlsieg 2002.“
Offiziell präsentierte Merkel vor dem 13. Parteitag in Essen ihren Bericht als CDU-Generalsekretärin, doch in ihrer Ansprache hielt sie sich mit dem zurückliegenden Jahr der Spendenaffäre nicht lange auf. Von einer „Bewährungsprobe“ sprach Merkel und davon, dass für sie „mit das Bedauerlichste in den letzten Wochen“ der Verlust von Wolfgang Schäuble im Amt des CDU-Vorsitzenden gewesen sei. Helmut Kohl würdigte sie mit dem Satz: „Ihr Werk, lieber Helmut Kohl, bleibt historisch überragend.“ Kohl selbst war zum ersten Mal seit 1951 nicht auf einem CDU-Parteitag erschienen.
Merkels Wahlergebnis fiel mit 95,94 Prozent erwartungsgemäß üppig aus. In den dreizehn Wahlen, bei denen Kohl zum Vorsitzenden gewählt wurde, lag er nur viermal über Merkels Resultat. Schäuble hatte 1998 knapp 3 Prozent weniger als seine Nachfolgerin erhalten.
Der SPD warf die neue CDU-Chefin vor, sie hätte „mit Sozialisten und Kommunisten gekungelt“, lange Zeit kein klares Verhältnis zu den USA und der Nato gefunden und bis heute ein gestörtes Verhältnis zu neuen Technologien. Der Einstieg der Grünen in die Bundesregierung markiere „den Ausstieg aus der Umweltpolitik“. Nun müsse die CDU sich verstärkt dem Umweltschutz zuwenden, weil die Grünen „nur mit Ränkespielen, Atomausstieg und grüner Identitätskrise beschäftigt sind“.
Auch wenn Merkel von Stoiber die harte Rhetorik übernahm, pochte sie auf die Eigenständigkeit ihrer Person wie ihrer Partei gegenüber der CSU. Manch Vernünftiges werde in München formuliert. Der Satz „Mir san mir“ habe aber auch außerhalb Bayerns Gültigkeit.
Am Nachmittag hatte der Parteitag als Konsequenz aus der CDU-Finanzaffäre eine neue Finanzordnung verabschiedet. Ein Finanzbeauftragter soll über Recht und Gesetz wachen. Die Annahme von Barspenden wurde auf 3.000 Mark begrenzt. Um ein strukturelles Defizit auszugleichen, will die Bundespartei jährlich 8,5 Millionen Mark weniger ausgeben. Die Kreisverbände müssen künftig statt 1,25 Mark pro Mitglied und Monat 2,25 Mark an die Zentrale weitergeben.
PATRIK SCHWARZ
brennpunkt SEITE 3
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