: Natürlicher Eiertanz
Karens KochKunst – die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 42: Ostereier müssen bunt sein – das geht auch ohne Chemie ■ Von Karen Schulz
Zu Ostern gibt's Eier – was sonst? Der Brauch stammt noch aus vorchristlichen Zeiten, in denen der Frühling als Zeichen der erwachenden Natur gefeiert wurde, und das Ei als Fruchtbarkeitssymbol diente. Wie so vieles andere wurde auch dieser Brauch von den Christen quasi adoptiert und den eigenen Riten einverleibt.
Doch weiße oder braune Eier tuns schon lange nicht mehr: Damit sie richtig festlich aussehen, müssen sie gebührend ausstaffiert werden – je nach Gusto gefärbt, bemalt, geritzt oder beklebt. Ganz besondere Schätze werden vor der Verzierung vorsichtig angepikst und ausgeblasen. Dann sind sie zwar lebensmitteltechnisch unbegrenzt haltbar, aber leicht zerbrechlich – und es gibt tagelang Rührei.
Wer auf die Schnelle bunte Eier produzieren will, setzt hingegen dem Kochwasser färbende Zusätze zu – schon kann der österliche Frühstückstisch mit bunten Farbtupfern glänzen. Sollen die Eier (natürlich aus Freilandhaltung) ganz sorgenfrei verspeist, also keiner Chemie ausgesetzt werden, bedient man sich am besten der Hausmittel, mit denen schon die Urgroßmutter kolorierte.
Klassisch sind mit Zwiebelschalen braun gefärbte Eier. Dafür werden die Schalen 30 Minuten aus- und die Eier im abgeseihten Sud hart gekocht. Origineller wird der Farbton, wenn rote Zwiebelschalen verwendet oder braune und rote gemischt werden – lässt man die Eier nach der Kochzeit weitere 3 bis 4 Stunden im Sud liegen, wird die Färbung noch intensiver. Kleine Kunstwerke lassen sich fabrizieren, wenn man nach dem Erkalten mit feinen Messern oder Nadeln ein Muster in die Schale ritzt.
Die Natur hat jedoch noch weitere Farben zu bieten: Quietschegelb werden (weiße) Eier, wenn man einen Esslöffel gemahlenes Kurkuma (Gelbwurz) oder getrocknete Ringelblumen mitkocht. Zartes Lila ergibt Holunderbeersaft: Dafür den Saft aufkochen, die bereits gegarten, noch heißen Eier hineinlegen und je nach gewünschter Farbtiefe 10 bis 30 Minuten darin ziehen lassen. Nach dem gleichen Verfahren lässt sich mit Rote-Beete-Saft ein zarter Roséton erzielen (1 bis 2 Stunden Färbezeit). Mit leichtem Grüngelb wird die Palette abgerundet: Dafür reichlich getrocknete Kamillenblüten aufgießen, 30 Minuten ziehen lassen, dann durchsieben. Heiße Eier 2 bis 3 Stunden färben.
Für alle Farben gilt: Ein Schuss Essig im Sud lässt sie leuchten, und für Glanz sorgen Speckschwarte oder Öl, mit denen mensch die Schale poliert. Nach dem Färben, denn Eierschalen nehmen die Farbe nur an, wenn sie völlig fettfrei sind, daher sollte mensch rohe und hart gekochte Exemplare vor dem Kolorieren auf einem Löffel balancieren oder mit Küchenhandschuhen anfassen und statt mit Fingerabdrücken lieber mit Zitronensaft verzieren – auch der ist farbabweisend. Und damit sich der Eiertanz auch wirklich lohnt, sollten viele liebe FreundInnen zum Frühstück eingeladen werden – sonst kullern die bunten Fruchtbarkeitssymbole noch unter den Weihnachtsbaum.
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