Bretagne im Terror

Bombe tötet Angestellte eines McDonald’s-Restaurants. Behörden vermuten als Täter militante Bretonen, die mit der ETA kooperieren

PARIS taz ■ Zwei Bomben erschütterten gestern Vormittag die bretonische Halbinsel. Eine explodierte wenige Minuten nach 10 Uhr in einem McDonald’s-Restaurant in dem Provinznest Quévert und tötete eine 27-jährige Angestellte. Die aus drei Dynamitstäben bestehende andere Bombe lag im Postscheckzentrum der Stadt Rennes und konnte rechtzeitig entschärft werden. Paris schickte umgehend die Chefin der Antiterrorabteilung der Staatsanwaltschaft zum Tatort. Im Innenministerium sprach man gestern bereits von der Möglichkeit einer „Serie“, die mit den jüngsten Attentaten bretonischer Nationalisten zusammenhinge.

Bekennerschreiben gab es bis Redaktionsschluss nicht. Der Inhalt des Päckchens vom Postscheckamt in Rennes freilich legte eine Spur zur „Revolutionären Bretonischen Armee“ (ARB). Die drei Dynamitstäbe gehörten laut französischer Polizei zu den acht Tonnen Dynamit, die im vergangenen September in dem Unternehmen Titanic gestohlen wurden. Fünf Tonnen jenes Sprengstoffs wurden später bei bretonischen Nationalisten gefunden, die inzwischen inhaftiert sind. 20 Kilogramm sollen bei Attentaten im spanischen Baskenland verwendet worden sein, so beim Autobombenattentat auf einen führenden sozialistischen Politiker in Vitoria im Februar. Nach dem Sprengstoffdiebstahl waren mehrere bretonische und baskische Unabhängigkeitsbefürworter festgenommen worden.

Die ARB, die seit langem Kontakte zu Spaniens baskischer Separatistenorganisation ETA unterhält, hatte nach mehrjähriger Untätigkeit in den vergangenen Monaten erneut Sprengstoffattentate begangen, unter anderem eines in dem hunderte Kilometer von der Bretagne entfernten Wahlkreis von Premierminister Lionel Jospin, ein anderes im November in einem Arbeitsamt bei Rennes und eines im Dezember in einem bretonischen Finanzamt.

Bislang waren die Attentate der ARB, die für die „Unabhängigkeit von Paris“ kämpft, auf staatliche Ziele wie Einrichtungen des öffentlichen Dienstes konzentriert. Private Unternehmen wie McDonald’s hatte die ARB nie angegriffen. Bei früheren Attentaten der ARB gab es außer einem Bombenleger, der sich vor Jahren selbst beim Zündeln ins Jenseits beförderte, keine Todesopfer. Die gestrige Bombe im McDonald’s war jedoch so nah am Aufenthaltsort der Angestellten platziert, dass sie quasi töten musste.

Ein Schaufenster des Lokals war bereits vor mehreren Wochen mit einer Flinte beschossen worden. Das Drive-in war außerdem wie zahlreiche andere McDonald’s-Lokale in Frankreich Ziel der Proteste von Globalisierungsgegnern. Eine besondere Überwachung des Drive-ins scheint es jedoch nicht gegeben zu haben. DOROTHEA HAHN