: Ein solides Menü für Frühstückfans
„Brunchen & Co“ führt zu den Berliner Adressen für eine Morgenmahlzeit. Überraschungen fehlen jedoch
In Frühstückscafés kann man am Vormittag eigentlich nur drei Varianten von Gästen finden: die, die sich erst in der Nacht kennen und lieben gelernt und nicht allein die Bettstatt verlassen haben. Die, die mit einer alten Freundin oder einem Freund mal wieder so richtig tratschen wollen (vorzugsweise über neue Liebschaften). Und die, die immer busy sind und deshalb selbst an Ostern schon morgens um 8 Uhr frisch geduscht und gestylt ihren Espresso trinken. Sie lesen Zeitung. Manche wechseln die Rollen nie.
Der neue Frühstücksführer „Brunchen & Co in Berlin. Jeden Tag ein Sonntag“ des Verlags Companions macht Kategorien auf, die man nach den jeweiligen Umständen bevorzugt. Die 60 Adressen in dem Brunchen-Buch bieten dem „Nachtschwärmer“ genauso eine Auswahl wie dem, der nur „auf die Schnelle“ etwas essen möchte, und dem, der sich am wohlsten unter der Mainstream-Kategorie „für jeden Tag“ findet. Aber natürlich kommt auch der „anspruchsvolle Genießer“ nicht zu kurz.
Fangen wir mit dem Teuren und Schönen an: Exklusiv ist das Frühstück im Restaurant des Hotels Four Seasons. Dort werden dreistöckige silberne Etageren gereicht, mit Fisch oder italienischer Wurst, mit belgischen Waffeln in Ahornsirup oder frischen Bagels mit Lachs, für vergleichsweise günstige 40 Mark. Das Adlon etwa nimmt für gutes Essen in scheinauthentischem Ambiente schon 60 Mark.
Das Buch mit ansprechenden Fotos und knapp, aber informativ geschriebenen Texten stellt in der überwiegenden Mehrzahl Klassiker wie das im Wiener Stil gehaltene Café Einstein in Tiergarten (Pariser Frühstück für 9,50 Mark) oder den Szenetreff Ankerklause (Gemischtes Frühstück 10 Mark) am Kreuzberger Maybachufer oder das Café Savigny in Charlottenbug (kleines Frühstück 8,50 Mark) vor. Außerdem sind einige Frühstückscafés im Freien aufgeführt. Natürlich kommt auch das Café acute am Neuen See vor. Oder das Barcomi’s Deli in den Sophie-Gips-Höfen. Die Autoren Torsten Hahn und Karl Schröder schwärmen überschwänglich von den leckeren Bagels, die man im restaurierten Innenhof auf der Zunge zergehen lassen kann.
Der Frühstücksführer, der 17,80 Mark kostet, stellt eine solide Auswahl vor. Und genau darin liegt auch das Problem. Denn Überraschungen birgt das mit netten Rezepten angereicherte Buch für Sherry-Champigons oder Erdnuss-Muffins mit Schokolade und Roter Grütze nicht. Den Geheimtyp, das schräge Café in Lichtenberg mit Frühstück wie bei Honecker, oder das Tischlein deck Dich, wie bei Ludwig II. im verwunschenen Schloss, oder das Frühstück im Schlachthof, solche Orte jenseits der bekannten Wege fehlen leider.
Das Buch ist schön aufgemacht, aber um den Liebsten wirklich zu überraschen, muss man immer noch den eigenen Kopf anstrengen.
ANNETTE ROLLMANN
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