Anschlag auf Synagoge in Erfurt

Das Thüringer Innenministerium sieht keinen antisemitischen Hintergrund und möglicherweise Linke als Täter.Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde fordert die CDU auf, an Aktionen gegen rechts teilzunehmen

von ASTRID GEISLER

Auf die Synagoge der Jüdischen Gemeinde in Erfurt haben unbekannte Täter in der Nacht zum Freitag einen Brandanschlag verübt. Kurz nach 22 Uhr schleuderten sie einen Molotowcocktail an die Rückwand des Gebäudes. Es entstand kein Sachschaden, weil Anwohner das Feuer löschen konnten.

Am Tatort fanden Ermittler ein Bekennerschreiben mit rechtsradikalem Inhalt, das von der bislang unbekannten Gruppe „Die Scheitelträger“ unterzeichnet ist. Weil die Sprache des Schreibens untypisch für die rechte Szene ist, schlossen Vertreter des Landeskriminalamts gestern nicht aus, dass auch eine linke Gruppe den Anschlag begangen haben könnte. „Dieser Anschlag basiert auf einer rein antisemitischen Ebene“, schreiben die Täter. Das Dokument endet mit „Heil Hitler“.

Nach Auskunft des Thüringer Innenministeriums ergaben Polizeikontrollen von 61 Personen keine Ergebnisse. Videoaufnahmen einer Überwachungskamera würden noch ausgewertet. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte gegenüber der taz, verstärkte antisemitische Entwicklungen in Erfurt könne er nicht bestätigen. Die Rechtsradikalen in Thüringen seien „nicht speziell antisemitisch“, dazu fehle ihnen „der intellektuelle Hintergrund“.

Bürger versammelten sich gestern vor der Erfurter Synagoge zu einer Mahnwache. Auch der Sprecher der Bundesregierung, Uwe-Karsten Heye, verurteilte „den feigen Anschlag“.

In der Landeshauptstadt löste der Anschlag indes eine Diskussion über den Kurs der Thüringer CDU gegen rechte Gewalt aus. „Ich bin nicht sonderlich überrascht“, kommentierte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Wolfgang Nossen, den Anschlag. Die CDU dürfe nicht länger die Teilnahme an Aktionen gegen rechts verweigern, nur weil diese von der PDS mit organisiert würden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der PDS im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, forderte den Rücktritt des Thüringer Verfassungsschutzpräsidenten. Die Polizei hätte die Synagoge rund um die Uhr überwachen müssen.

Der Brandanschlag in Erfurt war der erste auf eine Synagoge in Deutschland seit zwei Anschlägen in Lübeck 1994 und 1995. Bereits vor acht Jahren hatten Skinheads einen Schweinekopf auf das Gelände der Erfurter Synagoge geworfen. Vor zwei Monaten schändeten Unbekannte auf dem Jüdischen Friedhof Grabsteine.