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Pannen in Erfurt

Thüringens Polizei kann die Aufklärung des Brandanschlags auf die Synagoge nicht als Erfolg verbuchen. Spuren wurden nicht gesichert

DRESDEN taz ■ Der Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge ist aufgeklärt, doch Lob heimsten die Ermittler gestern nicht ein. Im Gegenteil: „Einen unglaublichen Skandal“, nannte die grüne Landessprecherin Astrid Rothe den Fund eines zweiten Brandsatzes, der bis gestern auf dem Dach der Synagoge lag. Wegen des warmen Wetters hätte sich der Brandsatz selbst entzünden können, vermutet die Grüne. Rothe: „Die Lupenwirkung von Glas müsste auch dem LKA bekannt sein.“

Im Innenministerium hieß es dagegen, von dem übersehenen Brandsatz sei zu keiner Zeit Gefahr ausgegangen. Die von Innenminister Köckert abgegebene Erklärung, den Ermittlern habe ein Hubschrauber gefehlt, nannte Rothe „einen Witz. Wir leben nach der Erfindung der Leiter.“

Die jüngste Panne steht in einer Kette von Unzulänglichkeiten der Behörden. Obwohl bereits im vergangenen Jahr Skinheads die jüdischen Gläubigen vor der Synagoge bedrohten, konnten die Rechtsradikalen unbemerkt ihre Brandbomben auf das Haus werfen. Die Überwachungskameras erwiesen sich als nutzlos, sie lieferten keine brauchbaren Bilder des Anschlags. Die Jüdische Gemeinde hatte seit längerem erfolglos ein besseres Überwachungssystem gefordert.

Und ohne die bemerkenswerte Dummheit der mutmaßlichen Täter wäre der Anschlag wohl nie aufgeklärt worden, sagen selbst Ermittler. Der erste Festgenommene hatte seine Fingerabdrücke auf dem Bekennerschreiben hinterlassen.

Nach ihrer Festnahme erklärten die Jugendlichen, sie hätten sich mit dem Anschlag in der rechten Szene „einen Namen machen wollen“. Alle drei Täter kommen aus dem Umfeld der neofaschistischen Partei „Bund deutscher Patrioten“. Die Mutter von Andreas J. soll Vorsitzende eines Kreisverbandes sein, dessen Existenz dem Thüringer Verfassungsschutz, wie Köckert einräumte, bislang unbekannt war.

Der bereits einschlägig vorbestrafte 17-Jährige, der den zweiten Brandsatz geworfen hatte, wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Der Dritte bleibt auf freiem Fuß. Er habe, so die Begründung, nur das Auto gefahren.

Am Abend bildete sich rund um die Synagoge in Erfurt eine Menschenkette gegen Antisemetismus. Bis zum Ende des Pessach-Festes wollen die Erfurter rund um die Uhr eine Mahnwache stellen. Nachdem die Stadt Weimar den von der NPD geplanten Aufmarsch am 1. Mai verboten hat, wird nun mit Ausweichversuchen der Rechtsextremen gerechnet. NPD-Landeschef Tino Brandt kündigte an, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen, um den Weimarer Aufmarsch doch noch genehmigt zu bekommen. NICK REIMER

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