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DÄUBLER-GMELIN WILL SCHNELLERE UND EFFIZIENTERE ZIVILPROZESSENur faire Lösungen sind bürgerfreundlich

„Justizabbau“ ist ein scharfer Vorwurf. Er klingt nach Rationierung von Gerechtigkeit. So aber sieht die deutsche Anwaltschaft die von Herta Däubler-Gmelin geplante Justizreform. Die Ministerin hält ihre Pläne dagegen durchaus für bürgerfreundlich, denn sie ermöglichten „schnelle und effiziente“ Entscheidungen. Die wichtigste Neuerung: Zivilstreitigkeiten sollen künftig häufiger in erster Instanz, also bei Amts- oder Landgerichten, abschließend entschieden werden. In der Berufung soll der Prozess nicht mehr neu aufgerollt werden, es sollen nur noch Rechtsfragen zur Sprache kommen.

Ist das für die Bürger wirklich gut? Nehmen wir den Fall eines Handwerkers, der Sonnenkollektoren installiert. Seinen ersten großen Auftrag erhält er vom örtlichen Montessori-Kindergarten, der am Ende jedoch die Zahlung verweigert. Angeblich funktioniert die Anlage nicht richtig. Der Handwerker klagt nun und bekommt in erster Instanz Recht, ein Gutachten bestätigt, dass er keinen Fehler gemacht hat. Für ihn ist es gut, wenn der Prozess bereits nach einigen Monaten zu Ende ist und er sein Geld bekommt. Aus der Sicht des Montessori-Kindergartens dagegen sieht alles ganz anders aus: Auch er ist kapitalschwach und kann es sich nicht leisten, teure Sonnenkollektoren zu bezahlen, wenn diese gar keinen Strom liefern. Vor allem aber glaubt man, dass der Gutachter Fehler gemacht hat. Gegen das Urteil der ersten Instanz würde man gern in Berufung gehen. Das aber wäre nach Däubler-Gmelins Plänen künftig nicht mehr möglich, weil dann nur noch Rechtsfehler und nicht mehr Fehler in der Beweisaufnahme gerügt werden können.

Das kleine Beispiel zeigt: Ob die Bürger sich über die Reform freuen würden oder nicht, hängt ganz von der jeweiligen persönlichen Lage ab. Hätte der Gutachter in der ersten Instanz zugunsten des Kindergartens votiert, wäre es der Handwerker gewesen, der über die abgeschnittene Berufung geschimpft hätte. Erforderlich sind also faire und ausgewogene Lösungen, etwa indem vermeintlich grobe Beweisfehler auch künftig in der zweiten Instanz noch einmal geprüft werden können. Hier muss sich die Justizministerin wohl noch etwas auf ihre Kritiker zubewegen. CHRISTIAN RATH

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