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Auf Gewerbeflächen grasen die Kühe

■ Der amtliche Stadtplan – auch der im Internet – ist hoffungslos veraltet / Die aktuelle Ausgabe stammt von 1995 / Polizei, Feuerwehr und Taxi-Unternehmen laufen bereits zur Konkurrenz über

In Bremen hat sich in den vergangenen fünf Jahren städtebaulich nichts getan. Die Eislaufhalle steht noch, Messehallen gibt's keine und zur Uni kommt man irgendwie, bloß nicht mit der Straßenbahn. Am Weidedamm ist Gartenland; und auch zwischen Arsten und Katten-esch ward kein Häuslebauer gesehen. Auf Gewerbeflächen grasen Kühe. Diesen Eindruck bekommt, wer sich den amtlichen Stadtplan Bremens genauer anschaut – der 1995 zuletzt aktualisierte Kartensatz, der auch dem Internet-Auftritt der Stadt zu Grunde liegt, ist hoffnungslos veraltet.

Im Amt „Kataster und Vermessung Bremen“: Eine Mitarbeiterin in der Auskunft holt die drei Karten im Maßstab 1 : 20.000 und dazu noch zwei Ergänzungsblätter. Die Dame ist ein bisschen verlegen. „Nicht ganz aktuell“, erklärt sie knapp. „Personalnot“ sei die Ursache. Dem eiligen Käufer empfiehlt sie vorerst noch die Buchhandlung.

„Natürlich sind die großen Verlage schneller“, sagt die Leiterin des städtischen Wirtschaftsbetriebs, Anngret Brandt-Wehner. Die Verlage kaufen bei ihr die kartographischen Basisdaten und aktualisieren ihre Ausgaben. Beim Falk-Verlag beispielsweise datiert die jüngste Edition der Bremen-Karte vom März dieses Jahres.

„Kataster und Vermessung“ hat es dagegen seit fünf Jahren nicht geschafft, den eigenen Stadtplan auf den neuesten Stand zu bringen. Und das findet selbst Betriebsleiterin Brandt-Wehner zu lang. „Für uns ist das sehr unbefriedigend.“ Das Kartenwerk (Kosten: 15 Mark) könne man mit gutem Gewissen gar nicht mehr verkaufen. Und: Polizei, Feuerwehr und Taxiunternehmer hätten sich bereits beklagt, so Brandt-Wehner. Allerdings: Feuerwehrschichtleiter Klaus Wöltjen: „Wir haben alle Falk-Pläne in den Wagen.“ Fred Buchholz, 1. Vorsitzender von Taxiruf Bremen, sagt: „Das Ganze ist für die Stadt ein Armutszeugnis. Wir aktualisieren unsere Daten selber.“

Grund für die lange Wartezeit ist ihren Angaben zufolge die Umstellung auf „digitale Führung“. Will meinen: Auch an der Wilhelm-Kaisen-Brücke hat man den Computer entdeckt. Wo bisher noch jede Veränderung mit dem Zeichenstift auf der entsprechenden Karte eingetragen wurde, sollen fortan Rechner zu Diensten stehen.

Zu den Aufgaben des Betriebes gehört es unter anderem, ein tagesaktuelles Liegenschaftskataster zu führen. Auch verschiedene topographische Kartenwerke müssen gepflegt werden. Ohne digitale Unterstützung offenbar ein teures – weil zeitaufwendiges – Vergnügen: 80 Prozent der Kosten sind laut Brandt-Wehner Personalkosten. Auch deswegen stelle man auf ein digitales System, das gegenwärtig bereits 40 Prozent des Stadtgebietes erfasst. Einen weiteren Arbeitsplatzabbau kann sich die Betriebsleiterin jedoch nicht vorstellen. „Irgendwann ist Schluss.“ Heute gibt es gut 150 Vollzeitarbeitsplätze bei „Kataster und Vermessung“; in den 70er Jahren noch 220.

Die Digitalisierung indes hat ihre Tücken, und das haben Brandt-Wehners Mitarbeiter im vergangenen Jahr zu spüren bekommen. 1999 haben sie damit begonnen, den 1 : 20.000er Stadtplan zu bearbeiten. Die Software sei jedoch gar „nicht so einfach“ gewesen, so die Betriebsleiterin. Weil vor Ort das Know-how fehlte, mussten die Bremer die Hilfe einer Schweizer Firma in Anspruch nehmen.

Doch jetzt wird alles gut: Ende Mai soll die aktualisierte Ausgabe des Plans vorliegen. Besucher der Internet-Adresse www.bremen.de müssen sich allerdings noch bis zum Spätsommer gedulden. Immerhin: „Unsere Straßen im Winter“, eine Spezialkarte, ist schon jetzt aktualisiert erhältlich. hase

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