piwik no script img

Regierung bremst Solarprogramm

Durch die höhere Vergütung für Öko-Strom erlebt die Solarbranche derzeit einen Boom – bei vielen Herstellern sind die Kapazitäten ausgebucht. Statt nachzulegen, will die Regierung das 100.000-Dächer-Programm streckenvon MALTE KREUTZFELDT

Wer von den Förderprogrammen der Bundesregierung für Solarenergie profitieren will, hat derzeit keine sonnigen Aussichten. Seit dem 1. April garantiert das „Erneuerbare Energien-Gesetz“ (EEG) zwar einen deutlich höheren Preis für die Einspeisung von Solarstrom. Gleichzeitig bewilligt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) seit diesem Zeipunkt jedoch keine vergünstigten Kredite mehr. Man warte auf neue Förderungsbestimmungen aus dem Wirtschaftsministerium und könne daher momentan keine Zusagen machen, erklärte KfW-Sprecher Klaus Becker.

Bisher konnte jeder Betreiber einer Solaranlage bei der KfW für den vollen Anschaffungspreis ein Darlehen erhalten, dessen Zinsatz 4,5 Prozent unter dem normalen Niveau lag – und damit wegen des niedrigen Zinsniveaus bislang meist bei null. Auch muss die letzte von acht jährlichen Tilgungsraten bisher nicht zurückgezahlt werden, wenn die Anlage dann noch in Betrieb ist.

Pech für Nachzügler: Die Kredite werden gekappt

Damit soll nun Schluss sein. Weil durch das EEG von den Stromkonzernen jetzt 99 Pfennig für eine Kilowattstunde Solarstrom bezahlt werden, sollen die Investitionszuschüsse reduziert werden. Die Zahl der Anträge habe so stark zugenommen, dass die für das Jahr 2000 eingeplanten Mittel in Höhe von 180 Millionen Mark sonst zu schnell aufgebraucht würden, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Neben gut 3.700 Darlehen, die in den ersten drei Monaten des Jahres bewilligt worden sind, verzeichnete die KfW seit April weitere 7.000 Förderungsanträge.

Die neue Regelung wird für Mitte Mai erwartet. Die Details sind noch nicht entschieden. Aber zwei Kürzungen zeichnen sich ab: Künftig soll der Erlass der letzten Tilgungsrate entfallen. Das bestätigte gestern der energiepolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Hans-Josef Fell, gegenüber der taz. Damit würde sich jede Anlage um etwa ein Achtel verteuern.

Bei großen Anlagen mit einer Leistung von mehr als fünf Kilowatt, so Fell zufolge der Regierungsplan, soll außerdem der verbilligte Kredit nur noch für die Hälfte der Investitionskosten gewährt werden. Das läuft praktisch auch auf eine Halbierung der Förderung hinaus.

Der grüne Energieexperte begründete die Veränderung des Programms mit der immensen Nachfrage: Durch die höhere Einspeisungsvergütung hätten die Solarkraftwerke einen so großen Schub erlebt, dass mittlerweile die Produktionskapazitäten fast erschöpft seien; daher sei es sinnvoll, die Unterstützung bei den Investitionskosten zu beschränken.

Das sieht Wolf von Fabeck, Geschäftsführer des Solarenergie-Fördervereins, ganz anders: „Erst durch die gute Kombination von günstigem Kredit und hoher Vergütung ist Solarenergie finanziell interessant geworden.“

Kein Anreiz mehr, weitere Solarfabriken zu bauen

Durch den Bewilligungsstopp gerate das gut angelaufene Programm gleich wieder ins Stocken. Dass die hohe Nachfrage das Angebot an Solarzellen überschreiten könnte, hält er nicht für problematisch, sondern für wünschenswert: „Nur so gibt es einen Anreiz, neue Fabriken zu bauen.“

Als Folge des Booms bei Solaranlagen, der durch das 100.000-Dächer-Programm in Verbindung mit dem EEG ausgelöst wurde, kann es nach Einschätzung von Greenpeace allenfalls zu kurzzeitigen Lieferverzögerung kommen. Die Produzenten und Errichter von Solaranlagen erholten sich gerade von einer großen Flaute, begleitet von bis dahin leeren Auftragsbüchern.

Das Ziel des 100.000-Dächer-Programms und des EEG ist eine Anschubfinanzierung der Solartechnik. Bisher ist Strom aus Solarzellen noch recht teuer. Nach Expertenschätzungen kostet eine Kilowattstunde deutscher Solarstrom derzeit etwa 1,80 Mark – rund zehnmal so viel wie Windstrom und 20- bis 30-mal so teuer wie konventioneller Strom. Rentabel wir er nur durch Massenproduktion. Die Fördermaßnahmen der Regierung zielen im ersten Schritt auf eine Gesamtleistung von 350 Megawatt Strom aus Solaranlagen – dann soll das EEG überarbeitet werden. Laut einer Studie von Greenpeace ist diese Leistung noch immer zu wenig, um Solarzellen konkurrenzfähig zu machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen