: kurzinterview
Nadjet Zoghlami über den Hungerstreik ihres Bruders Tawfik Ben Brik, die Schikanen der tunesischen Behörden und den französischen Einfluss
taz: Sie sind von einem Mitarbeiter des französischen Staatspräsidenten im Élysée-Palast empfangen worden. Was hat er Ihnen gesagt?
Nadjet Zoghlami: Er sagte mir, Herr Chirac würde die Affäre aus der Nähe verfolgen.
Hat das Auswirkungen auf die Situation Ihrer Brüder?
Bis jetzt gibt es nur Worte. Passiert ist nichts. Mein Bruder Jelal ist inhaftiert worden. Man hat ihn geschlagen, als er eine französische und schweizerische Delegation zu Tawfik begleitete. Die Situation hat sich eher verschlechtert. Die französische Regierung macht nicht wirklich Druck.
Was erwarten Sie von Chirac?
Frankreich ist ein Land von Gerechtigkeit und Gleichheit. Präsident Chirac kann Ben Ali direkt darum bitten, dass die Schikanen gegen meine Familie und gegen unsere Freunde aufhören, dass Taoufik seine Bürgerrechte zurückbekommt und veröffentlichen kann, dass der Verlag meines Bruders wieder eröffnen darf und dass der Staat die Behandlungskosten für die verletzten Unterstützer übernimmt. Ben Ali könnte zum französischen Präsidenten niemals Nein sagen.
Das hört sich so an, als ob Tunesien immer noch unter französischer Kontrolle stünde.
Frankreich hat viel Einfluss. Da ist die Sprache. Und da ist die Wirtschaft, deren größter Teil unter französischer Kontrolle steht.
Sie und Ihr Bruder klagen den französischen Staatspräsidenten an, er sei der „treueste Unterstützer des Regimes von Ben Ali“. Dabei tut Herr Chirac nichts anderes als sein sozialistischer Amtsvorgänger und als der Rest der europäischen Regierungen.
Tawfiks Hungerstreik ist ein Hilferuf an die ganze Welt. Aber Präsident Chirac hat als französischer Präsident mehr Gewicht als andere europäische Staats- und Regierungschefs. Und er kann auch erreichen, dass Europa gemeinsam auf das Regime in Tunesien einwirkt.
INTERVIEW: DOROTHEA HAHN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen