Werthebach sucht Streit

Videoüberwachung: Innensenator will CDU-Position durchsetzen. Sozialdemokraten und Grüne sind strikt dagegen. Der Datenschutzbeauftragte akzeptiert Überwachung nur bei klaren Grenzen

von PHILIPP GESSLER

Jetzt will Innensenator Eckart Werthebach (CDU) durchstarten: Am Wochenende kündigte er an, den Druck auf möglicherweise gewaltbereite Demonstranten zu erhöhen. Zudem will er endlich das Demonstrationsrecht einschränken. Schließlich machte er klar, er wolle schon bis Ende des Jahres ein Gesetz zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze verabschieden lassen und noch vor der Sommerpause mit dem Koalitionspartner darüber beraten.

Damit ist der Streit mit den Sozialdemokraten programmiert. Der SPD-Innenexperte im Abgeordnetenhaus, Hans-Georg Lorenz, reagierte allergisch auf die Ankündigung Werthebachs. Dieses „Machtwort“ in Sachen Videoüberwachung widerspreche der Koalitionsvereinbarung. Dort habe man sich nur darauf verständigt, den Raum unmittelbar vor gefährdeten Objekten, entlang von Fassaden etwa, durch Kameras absuchen zu lassen.

Eine Überwachung von öffentlichen Plätzen wie dem Breitscheidplatz sei nicht zu akzeptieren. Bisher habe die CDU bei diesem Thema keine Vorschläge gemacht, die in irgendeiner Weise „annehmbar“ gewesen seien. Sie sei wohl „auf Krawall aus“, so Lorenz: „Es scheint mir so, dass das alles auf dem Dung von Werthebach wächst – diese Sumpfblüten.“

Sein Kollege von den Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, wertete die Pläne Werthebachs als „Schritt in den Überwachungsstaat“. Er forderte die SPD auf, „standhaft zu bleiben“. Die geplante Videoüberwachung verdränge Kriminalität lediglich, bekämpfe sie aber nicht. Das habe man in der Drogenszene beispielsweise bei stärkerer Polizeipräsenz schon erlebt: „Man löst nicht die Probleme, sondern löst bloß die Treffpunkte auf.“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Gewalt, bestätigte, dass seine Partei die umstrittene Überwachung von öffentlichen Plätzen befürworte. Demnach würde wie in Leipzig auch öffentliches Straßenland durch Kameras „gesichert“. Zudem solle der Polizist vor den Monitoren „nach eigenem Ermessen“ interessante Szenen aufzeichnen dürfen.

Der Datenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka warnte, die Videoüberwachung sei immer ein tiefer Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Nur „unter ganz bestimmten Bedingungen“ seien seine Kollegen aus anderen Ländern und er bereit, dieses Polizeimittel zu akzeptieren. So dürfe etwa die Überwachung nicht flächendeckend sein. Auch Tonaufnahmen werde er nicht hinnehmen. Die Videoüberwachung sei aber als weltweiter Trend und angesichts hoher Akzeptanz kaum zu verhindern. Es sei deshalb jetzt wichtiger, „auf ihre Architektur Einfluss zu nehmen“.

Die Innenministerkonferenz hatte sich am Freitag darauf verständigt, Brennpunkte der Straßenkriminalität künftig mit Videokameras zu überwachen.