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Immer mehr Hochbetagte

Bundesversicherungsamt: Nach 2005 könnte Pflegeversicherung Geldprobleme kriegen. Ältere Menschen leben wegen medizinischer Fortschritte länger

BERLIN taz ■ „Gomers“, „get out of my emergency room“, werden sie in den USA böse-scherzhaft genannt, jene pflegebedürftigen Alten, die in der Notaufnahme eines Krankenhauses auftauchen und denen der Arzt am liebsten entgegenschleudern würde: „Verschwinden Sie aus meiner Ambulanz!“ Denn Gomers sind zwar alt und pflegebedürftig, aber doch zäh – und damit langwierige Behandlungsfälle.

Auch in Deutschland wird die steigende Zahl der alten Patienten künftig trotz Pflegeversicherung möglicherweise ein Problem werden – wenn auch erst nach dem Jahr 2005.

Der Präsident des Bundesversicherungsamtes, Rainer Daubenbüchel, hatte kürzlich in einem Vortrag vor einem künftigen Milliardendefizit in der Pflegeversicherung gewarnt. Der Beitragssatz von 1,7 Prozent sei möglicherweise nach dem Jahre 2005 nicht mehr zu halten.

Das Bundesgesundheitsministerium dementierte zwar umgehend: Die Pflegeversicherung stehe auf „solider finanzieller Basis“. Die Stabilität des Beitragssatzes sei gesichert. Die Frage ist nur, bis wann. „Über die sichere Finanzierung nach dem Jahre 2006 lässt sich schwer etwas sagen“, erklärte gestern der Leiter der Abteilung Pflege beim AOK-Bundesverband, Harald Kesselheim. Die demographische Entwicklung ist zwar vorhersehbar, nicht aber beispielsweise die medizinische Entwicklung und auch nicht die Arbeitsmarktlage, die wiederum die Beitragseinnahmen beeinflusst.

Wenn die Medizin wie bisher Fortschritte mache, sei davon auszugehen, dass die Älteren länger leben würden. Manche würden dann erst spät Pflegefälle werden, dafür aber intensiverer Behandlung bedürfen, so Kesselheim. Zudem stelle sich die Frage, wie die Pflegeversicherung die Betreuung Demenzkranker künftig stärker berücksichtigen könnte. Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnisgrüne) hatte schon angekündigt, für die Betreuung Demenzkranker eine Finanzierungshilfe in der Pflegeversicherung einzurichten.

Bisher erwirtschaftet die Pflegeversicherung ein jährliches leichtes Defizit, das aber noch durch Abschmelzen des Kapitalstocks von 9,6 Milliarden Mark ausgeglichen werden kann. Nach Daubenbüchels Angaben steigt das Defizit jedoch an, sodass der Kapitalstock nach dem Jahre 2005 unter die gesetzlich vorgeschriebene Grenze von rund 5 Milliarden Mark sacken könnte.

Derzeit verzeichnet die Pflegeversicherung 1,8 Millionen Behandlungsfälle, bis 2010 wird mit 2,1 Millionen Pflegefällen gerechnet. Bei den über 80-Jährigen steigt das Risiko, pflegebedürftig zu werden, auf rund 28 Prozent. BARBARA DRIBBUSCH

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