Offene Tür: In Eigenregie
■ Dokumentation über Frauenprojekt belladonna / Tag der offenen Tür
Sechs Frauen kaufen einen Altbau und renovieren ihn in Eigenregie. Sie wollen daraus einen „Raum für Frauen“ machen, wo sie „geistig arbeiten können und es schön haben“. Etwas „Langfristiges, Unabhängiges“ stellen sich die Käuferinnen vor. Diese Wunschziele sind in Erfüllung gegangen.
Seit nunmehr dreizehn Jahren gibt es das Bremer Frauenbildungszentrum belladonna in der Sonnenstraße. Eine stattliche Zeit für eine freie feministische Einrichtung – und für die Mitarbeiterinnen Grund genug, eine Dokumentation über Anfänge und Entwicklung des Projekts zusammenzustellen.
Auf knapp 100 engbedruckten Seiten berichten die Autorinnen unter dem Titel „belladonna bewegt“ über die Anfänge der Frauen/Lesbenszene in Bremen, die Startphase des belladonna-Projekts und seine turbulenten Entwicklungen bis heute.
Aufgelockert wird das anstrengende Layout durch Fotos, Zeitungsartikel und Plakate. Wer durchhält, wird mit exemplarischen Einblicken in die Geschichte eines freien Kulturprojekts belohnt.
Seit dem Hauskauf hat sich viel getan. belladonna ist zu einer professionellen Fraueneinrichtung geworden, das belladonna-Archiv gehört zu den Bedeutendsten im deutschsprachigen Raum. Vier bezahlte Mitarbeiterinnen hat das Projekt zur Zeit. Doch der Erfolg hat seinen Preis. Offen berichten die belladonna-Frauen über den Abschied von Idealen und Überzeugungen zugunsten stetiger Professionalisierung – auch um staatliches Geld zu erhalten.
Kämpfte frau zu Beginn noch mit viel basisdemokratischem Elan und autonomem Selbstverständnis gegen „patriarchaler Fremdbestimmung“, sehen sich die belladonnas mittlerweile als „professionelle Dienstleisterinnen“.
Heute präsentiert sich belladonna auf dem „Markt“ der Kultur- und Bildungszentren und konkurriert um die notwendigen Zuschüsse aus dem Kulturressort. Wo früher Infoveranstaltungen über „Frauen in Südkorea“ und „Prostitution und Feminismus“ angeboten wurden, stehen berufliche Qualifikationsseminare für Manage-rinnen und Existenzgründerinnen auf dem Programm.
Die klassischen feministischen Themen werden zwar noch diskutiert, doch die Teilnehmerinnenzahlen bröckeln. Die belladonna-Kundinnen investieren lieber in ihre Karriere als in politische Bildung – was auch das gerade erschienene Sommerprogramm widerspiegelt. Es kann bei belladonna abgeholt werden. Einen günstigen Anlass dafür bietet der morgige Tag der Offenen Tür. Ab 16 Uhr lädt belladonna ein – zu Führungen, Kuchenbuffet und Musik mit dem Trio „Weibervoice“ (19.30 Uhr). WiJo
Die Dokumentation „belladonna bewegt“ ist zu erhalten bei den belladonnas, Sonnenstr. 8, bei Frauen-Gleichstellungsstelle und in Buchhandlungen (sieben Mark).
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