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Neue alte Töne

In der Sprache des Apparats: Designierter Chef der PDS-Fraktion schreibt auslegungsbedürftiges Papier

BERLIN taz ■ Die hohe Kunst der westlichen Exegeten von Erich Honecker bestand vor 1989 darin, die Worte des näselnden SED-Chefs richtig auszulegen. Der parlamentarische Geschäftsführer der PDS im Bundestag, Roland Claus, knüpft nahtlos an die Tradition der verschlüsselten Nachricht an. Er legte einen Fahrplan vor, der die PDS vom misslungenen 6. Parteitag in Münster sicher zum 7. in Cottbus führen soll. Tenor: „Mit einer Katastrophe haben wir es nicht zu tun.“

In der Bundestagsfraktion wurden Spekulationen zurückgewiesen, Claus habe mit dem Papier ein Bewerbungsschreiben für die Nachfolge von Gregor Gysi als Fraktionschef abgegeben. Der Star der PDS hat für Oktober seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Tatsächlich ist das Papier von Claus, der sich in Sachsen-Anhalt als PDS-Reformer profiliert hat, mehr Terminkalender als Zielbestimmung. Claus wäre auch schlecht beraten, sich jetzt schon auf Inhalte festzulegen. In der Fraktion wurden Claus’ Aussagen banaler begründet: „Er schreibt halt eher knapp.“

Wie andere PDS-Reformer meint auch der 45-jährige Claus, dass für die PDS die Stunde der Entscheidung geschlagen hat. „Was immer in den nächsten sechs Monaten richtig oder falsch entschieden wird“, schreibt er, „es wird weichenstellende Wirkung haben.“ In einer ersten Version des Papiers hatte der „Diplomingenieurökonom“ davon gesprochen, die PDS bedürfe eines Krisenmanagements. Die Leichenfledderer der PDS hatten daraufhin sofort Untergangsstimmung beim Fraktionschef in spe ausgemacht. Also wurde der Begriff Krise wieder gestrichen.

Claus äußert sich durchaus inhaltlich zu einer Reihe von Politikfeldern, um eine „sozialistische Alternative“ zu formulieren. Im O-Ton nimmt sich Claus aber spartanisch aus: Bei Steuerreform heißt es: „Populäre Einzelmaßnahmen nicht scheuen.“ Zur Rentenreform: „Rentenangleichung Ost“. Oder beim Stichwort Jugend und Bildung: „Hier geht es nicht um Konzepte mit der SPD, sondern um klare Alternativen zu ihrer Politik (siehe ‚Bafög-Paket` der PDS-Fraktion).“

Besonders wichtig für die PDS ist es nach Claus übrigens, „glaubhaft zu vermitteln, dass die Entscheidung in Sachen Demokratie ... keine vorübergehende Position ist“. Auch das gab es schon mal – unter Walter Ulbricht in der frühen DDR: „Es muss möglichst demokratisch aussehen.“ CHRISTIAN FÜLLER

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