Putin stärkt Zentrale

Russlands Präsident richtet sieben Verwaltungsgebiete ein. Damit soll die selbstherrliche Machtausübung vieler Gouverneure beendet werden

MOSKAU taz ■ Wladimir Putin hatte es schon seit einiger Zeit durchblicken lassen. Die 89 Subjekte der Russischen Födertation würden sich unter seiner Ägide auf eine härtere Gangart einstellen müssen. Am Wochenende machte der Kremlchef seine Drohung wahr. Per Dekret verfügte Putin die Neuordnung Russlands in sieben riesige Verwaltungsgebiete. Der Zweck der Maßnahme, verlautete aus dem Kreml, sei es, „die Effektivität der föderalen Institutionen zu erhöhen und die Kontrolle über die Umsetzung föderaler Entscheidungen zu verbessern“. Hinter der Entscheidung steckt indessen mehr als bloße Rationalisierungsabsicht. Der Kreml will sichergehen, dass die Regionen innen- und außenpolitisch nicht weiterhin ihr eigenes Süppchen kochen.

Die Leitung der geplanten Superregionen sollen Beauftragte übernehmen, die vom Präsidenten ernannt werden und auch nur ihm gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Das Dekret räumt – zumindest auf dem Papier – den Emissären der Präsidialkanzlei weitreichende Vollmachten ein. Darunter fällt auch die Überwachung der lokalen Rechts- und Sicherheitsinstitutionen. Überdies behält sich Putin das Recht vor, auch die personelle Besetzung der Kreml-Außenstellen in Eigenregie durchzuführen. Das Bemühen des Präsidenten zielt darauf ab, die Staatsgewalt deutlich zu straffen und wieder in Moskau zu koordinieren. Inwieweit das auf Kosten der lokalen Selbstverwaltung geht, ist noch nicht auszumachen. Der Text des Dekrets sieht jedoch nicht vor, die Kompetenzen der Gouverneure und Republikspräsidenten einzuschränken oder Bürgerrechte auf Selbstverwaltung zu beschneiden. Erhalten bleiben sollen auch die bisherigen Grenzen der einzelnen Föderationssubjekte.

Auch unter Präsident Jelzin gab es persönliche Beauftragte des Präsidenten in fast jeder Region. Ihre Arbeit erwies sich aber als ineffektiv, da die Vertreter der Föderation in der Provinz meist vom Wohlwollen der Gouverneure abhängig waren oder es langsam wurden. Es stand in der Macht der lokalen Amtsträger, die ihre Region oft wie Duodezfürsten verwalteten, ob die Kreml-Gesandten eine Wohnung und ihre Familien Arbeitsplätze und sonstige Gratifikationen erhielten. Die materielle Versorgung übernimmt nun auch der Kreml. Zumindest anfangs dürften die neuen Mitarbeiter besser vor Korruptionsanfälligkeit geschützt sein.

Die Selbstständigkeit und Selbstherrlichkeit vieler Gouverneure war Moskau seit langem ein Dorn im Auge. In einigen Regionen führen die Amtsinhaber ihre Geschäfte nach dem Vorbild orientalischer Potentaten. „Geschäfte“ ist dabei wörtlich zu nehmen. Zwischen Politik und Kriminalität lässt sich oftmals nicht mehr unterscheiden.

KLAUS-HELGE DONATH