: Eine Frau für die „Partei neuen Typs“
„Kommunikation“ ist das Zauberwort Gabi Zimmers, der gelernten Sprachmittlerin und Parteisekretärin
DRESDEN taz ■ Das sieht ihr ähnlich: Als die Thüringer PDS-Fraktionschefin am Wochenende erstmals ihre Bereitschaft zur Kandidatur für den Parteivorsitz nicht mehr ausschließen mochte, verband sie dies sogleich mit Bedingungen für den Fall der Fälle: „Für eine Kampfkandidatur ohne Klärung inhaltlicher Fragen stehe ich nicht zur Verfügung“.
Besonders bei den alten SED-Kadern wird diese „Klärung“ Unmut erzeugen. Für das Politikverständnis von Gabriele Zimmer, die alle nur Gabi nennen, ist nämlich die Auseinandersetzung mit der SED-Vergangenheit ganz wesentlich. „Wer sich an Macht beteiligt oder beteiligen will, muss aufarbeiten, wie er einst mit Opposition umgegangen ist.“
Wichtig ist das für sie einmal aus eigener Betroffenheit. „Für den Einzelnen erweist sich heute das als Problem, wofür er früher gestanden hat.“ Früher, damit meint sie die DDR: Von 1987 war die studierte Sprachmittlerin Mitglied der SED-Parteileitung des größten Arbeitgebers ihrer Region, im VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Suhl. Ganz zum Schluss war sie sogar die Parteisekretärin.
Wichtig ist ihr diese Klärung aber auch, weil sich Gabriele Zimmer aus ihr neue, entscheidende politische Impulse verspricht. Die PDS müsse sich der Frage des Scheiterns des Sozialismus in der DDR sehr stark annehmen. „Nur aus den Antworten kann die Zukunft erwachsen.“ Womit die 45 Jahre alte Mutter zweier Kinder in der politischen Gegenwart ist. Für das Debakel von Münster macht Gabriele Zimmer Kommunikationsprobleme innerhalb der PDS verantwortlich.
Um die zu beheben, möchte sie klären, ob sich die Postsozialisten am herkömmlichen bundesrepublikanischen Parteienmodell orientieren oder ob sich die PDS zu einer „Kommunikationspartei“ entwickeln möchte, mit „einer Parteientwicklung von unten nach oben“. Die Thüringer Fraktionschefin macht keinen Hehl daraus, dass sie für eine solche „Partei neuen Typs“ steht.
Gabi Zimmer bringt einige Erfahrung im Parteiapparat mit. Bis 1998 stand sie der Thüringer PDS vor. Doch die Aura alter Aperatschiks umgibt sie nicht. Geradezu wohltuend ist ihre Art, zu argumentieren, Fragen zu beantworten: Gabi Zimmer macht stets zuerst einmal eine Pause, in der sie nachdenkt. Und auch ihre Fähigkeit zu moderieren, scheint sie für eine Bisky-Nachfolge zu prädestinieren.
„Die PDS muss in den nächsten Jahren klären, welche Rolle sie künftig in der Bundesrepublik spielen will“, hatte Gabriele Zimmer vor der thüringischen Landtagswahl im letzten Jahr erklärt, bei der sie als Spitzenkandidatin einen glänzenden Wahlsieg feiern konnte.
Noch sieht Zimmer ihren Platz als Oppositionsführerin in Erfurt. Es könnte aber gut sein, dass sie „zwecks Klärung inhaltlicher Fragen“ demnächst nach Berlin umzieht. NICK REIMER
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