: Späte Rache für Goldelse
Bundesanwaltschaft lässt erneut zwei Berliner wegen des Verdachts auf Zugehörigkeit zu den Revolutionären Zellen verhaften. Ihnen wird der Anschlag auf die Siegessäule zur Last gelegt
von BARBARA JUNGE
Die Aussagen eines ehemaligen Mitglieds der „Revolutionären Zellen“ (RZ) haben jetzt offenbar weitere Verhaftungen nach sich gezogen. Wie die Generalbundesanwaltschaft (GBA) gestern bekannt gab, wurde am Donnerstag der 46-jährige Berliner Lothar E. an seinem Wohnort in Kanada durch die kanadischen Behörden verhaftet und in vorläufige Auslieferungshaft genommen. Seine Auslieferung wird beantragt.
Bereits am 18. April war nach Angaben der Bundesanwaltschaft (BAW) der 51-jährige Berliner Matthias B. in Berlin verhaftet worden. Er sitzt seit dem in Untersuchungshaft. Die Haftbefehle stammen beide schon aus dem März. Beiden Verhafteten wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (von 1985 bis 1994) und Beteiligung an Sprengstoffanschlägen zur Last gelegt.
Mit den Verhaftungen geht die BAW davon aus, auch den Anschlag auf die „Goldelse“ von 1991 aufklären zu können. Gemeinsam mit anderen sollen die beiden am 15. Januar 1991 aus Protest gegen den Golfkrieg eine Bombe an der Siegessäule deponiert haben. Der Sprengstoff hatte damals nicht vollständig gezündet.
Darüberhinaus geht die BAW davon aus, dass die beiden angeblichen RZ-Mitglieder an der militanten Anti-Rassismus-Kampagne der Revolutionären Zellen beteiligt waren. Am 6. Februar 1987 sollen sie mit anderen zusammen einen Anschlag auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber verübt haben.
Sowohl die Mitgliedschaft als auch die Sprengstoffanschläge sind nicht verjährt. Verjährt dagegen sind weitere Vorwürfe gegen die Verhafteten: Sie sollen 1987 an den Schüssen auf den damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Günter Korbmacher und 1986 auf den seinerzeitigen Leiter der Berliner Ausländerbehörde Harald Hollenberg beteiligt gewesen sein.
Bereits im Dezember hatte die BAW in Berlin nach einer Großrazzia im Mehringhof zwei Männer wegen Mitgliedschaft in der RZ und Beteiligung an den erwähnten Anschlägen (bis auf die Siegessäule) verhaftet. Zeitgleich war eine Frau in Frankfurt verhaftet worden.
Die Razzia und die Verhaftungen gingen damals auf Aussagen des Kronzeugen Tarek M. zurück. Dieser hatte nach seiner eigenen Verhaftung umfangreich Einblick in seine eigene Beteiligung an RZ-Anschlägen gewährt und andere weitreichend beschuldigt, um in den Genuss der Kronzeugenregelung zu kommen.
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